Schweini verlässt Nationalmannschaft Schweini verlässt Nationalmannschaft : Rückblick: "Es waren wunderbare Jahre"

Düsseldorf - Das erste Mal vergisst man nicht. Für die Öffentlichkeit war es damals am 6. Juni 2004 eine Randnotiz, als im Fritz-Walter-Stadion von Kaiserslautern plötzlich ein Typ mit blonden Haarsträhnen für die DFB-Auswahl auflief. Bastian Schweinsteiger hat den Moment nicht vergessen. „Ich kann mich genau erinnern: Ich kam zur Halbzeit gegen Ungarn rein, wir haben 0:2 verloren.“
Der einstige Teamchef Rudi Völler hatte den jungen Bayern-Profi für Andreas Hinkel eingewechselt. Später durfte auch noch Lukas Podolski im Nationalteam debütieren. Das Länderspiel am Betzenberg hatte unter dem Motto „50 Jahre Wunder von Bern“ gestanden, doch damals rumpelte der deutsche Fußball so kräftig, dass es nicht nur gegen die von Lothar Matthäus trainierten Magyaren, sondern auch bei der EM in Portugal schiefging.
WM 2018 sei ausgeschlossen
Die Mitspieler von „Schweini“ und „Poldi“, deren Kosenamen erst später Kultstatus erreichten, hießen dereinst Jens Nowotny und Dietmar Hamann, Fredi Bobic oder Frank Baumann. Was belegt, welche Epoche an diesem Mittwoch in Mönchengladbach beim Freundschaftsspiel gegen Finnland endet.
„Es waren wunderbare Jahre, und ich empfinde tiefe Dankbarkeit für Erlebnisse, von denen ich als Kind geträumt habe“, sagte Bastian Schweinsteiger, der am Dienstag im Düsseldorfer Stadtteil Derendorf vor seinem Abschiedsspiel ziemlich aufgeräumt Stellung bezog. Es geht eine markante Figur, die alle Höhen und Tiefen der jüngeren Vergangenheit vereint. Er selbst beteuerte, den Fußball immer geliebt zu haben – bis auf den Moment, als er im Champions-League-Finale 2012 in München beim Elfmeter versagte.
Trotzdem noch den Henkelpott und den WM-Pokal in den Händen zu halten, hat Schweinsteiger nunmehr das Gefühl gegeben, guten Gewissens seine Demission zu erklären. „Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich bei der WM 2018 mit derselben Leidenschaft voll angreifen kann. Die ehrliche Antwort lautet Nein.“
Der 32-Jährige geht lieber erhobenen Hauptes durch die Vordertür hinaus. Er konnte bei der EM in Frankreich nur noch mühevoll kaschieren, dass der Zahn der Zeit an ihm genagt hat. Wäre Schweinsteiger immer fit gewesen, hätte er statt bislang 120 auch 175 Länderspiele bestreiten können, aber „manchmal muss man dem Körper auch Zeit geben, sich zu erholen“. Die vielen Schlachten – die größte im WM-Finale vor zwei Jahren in beinahe kriegerischer Pose – haben vor allem Sprunggelenk und Knie derart zugesetzt, dass Anhänger bei jedem Zweikampf zittern, in den sich Schweinsteiger wagt.
Amerika sei Option für Schweinsteiger
Vielen ging er bereits vorsichtshalber aus dem Wege, weshalb auch Teammanager José Mourinho bei Manchester United keine Verwendung für ihn sieht. Der Spind beim englischen Renommierverein mag ausgeräumt sein, aber der aufrechte Deutsche weigert sich, innerhalb Europas irgendwohin zu flüchten: „Ich habe im EM-Halbfinale mitgespielt. Wenn ich eine faire Chance bekomme, glaube ich an meine Fähigkeiten. Es ist mein Traum, noch einmal für ManUnited zu spielen.“
Weitaus wahrscheinlicher ist aber ein Transfer, vielleicht im Winter. „Amerika ist eine Option“, verriet Schweinsteiger. Zumal sich das auch fürs Privatleben bei dem mit der serbischen Tennisspielerin Ana Ivanovic verheirateten Fußballstar bestens arrangieren ließe. Nicht undenkbar, dass irgendwann auch der FC Bayern noch einen Posten für seine Identifikationsfigur freiräumt. Was freilich für den gebürtigen Bayer die Zukunft bringt, ließ Schweinsteiger offen. „Ich weiß noch nicht, wie sich das neue Leben anfühlt.“
Deutscher Fußball soll Tugenden nicht verlieren
Zunächst einmal wird die Nummer sieben die Mannschaft letztmals mit der schwarz-rot-goldenen Binde auf den Platz führen und dann ohne Spielpraxis so lange versuchen mitzumachen, wie die Luft reicht. „Gute Läufer“ brauche er an seiner Seite, verriet Schweinsteiger spaßeshalber. Ernst gemeint war an die nachrückende Generation indes dieser Hinweis: „Sie dürfen die Grundgesetze des Fußball nicht verraten und unsere Tugenden nicht verlieren, deswegen wird der deutsche Fußball im Ausland so geschätzt.“
Das ZDF überträgt das Finnland-Spiel am Mittwoch ab 20.45 Uhr live. (mz)
