„Spiel meines Lebens“ Schiffsmast in einem Unwetter: Ann-Katrin Bergers Biografie
Zweimal war DFB-Keeperin Ann-Katrin Berger zuletzt Deutschlands „Fußballerin des Jahres“. Wie geht es mit der 27-fachen Nationalspielerin weiter?

Frankfurt/Main - Gleich um zwei Titel spielt Fußball-Nationaltorhüterin Ann-Katrin Berger in den nächsten Wochen - ihre Gedanken gehen inzwischen aber weit über das Jahr hinaus. Die 35-Jährige vom US-Club FC Gotham würde gerne noch mit 40 Jahren zwischen den Pfosten stehen. „Aber daraus wird vermutlich nichts, dafür bin ich zu ehrgeizig“, schreibt Berger in ihrer jetzt erschienenen Autobiografie mit dem Titel „Das Spiel meines Lebens“.
Berger will später als Torwarttrainerin arbeiten
„Wenn ich merke, dass ich nicht mehr so abliefern kann, wie ich es für angemessen halte, möchte ich niemandem den Platz wegnehmen“, erklärt Berger und kündigt an: „Gerade versuche ich, meinen Trainerschein fertig zu machen, damit ich später als Torwarttrainerin arbeiten kann.“
Noch steckt die gebürtige Schwäbin mitten im aktiven Fußball-Leben: Am Samstag (Ortszeit) spielt Berger mit Gotham gegen Washington Spirit um die Meisterschaft in der National Women’s Soccer League (NWSL). Mit der deutschen Auswahl geht es in den Nations-League-Endspielen gegen Spanien am 28. November in Kaiserslautern und am 2. Dezember in Madrid um den Titel. Zuletzt fehlte die Stammkeeperin im DFB-Team wegen einer Knieverletzung.
Entscheidung über DFB-Zukunft naht
Rund um den nächsten Lehrgang soll die Entscheidung fallen, ob Berger ihre Karriere im Nationalteam über das Jahr hinaus fortsetzt. Am Rande dieser Spiele werde man sich unterhalten, so hatte Bundestrainer Christian Wück erklärt, wie Berger die Zukunft sehe, „wie es wird“. Ihr Vertrag bei Gotham läuft im kommenden Jahr aus.
Die zweimalige „Fußballerin des Jahres“ hat in ihrem Buch (Riva-Verlag) - Untertitel: „Wie ich den Krebs besiegte und Deutschlands beste Torhüterin wurde“ - schon mal auf ihre ganz eigene und besonnene Art ihr Sportlerleben Revue passieren lassen. Geprägt von zwei Schilddrüsenkrebs-Diagnosen und anschließenden Therapien, über die sie ausführlich spricht. Die erste 2017 bei Birmingham City, die zweite während der EM 2022 in England.
Tattoo über der Operationsnarbe
„Heute sitzt über der Narbe im Nacken ein Tattoo. Es ist ein längliches, schwarzes Symbol. Eine Zeichenkette, die bedeutet: Alles, was wir haben, ist jetzt“, berichtet Berger. Und: „Ich akzeptiere den Krebs, der mir ans Leben wollte, so wie ich akzeptiere, dass da Gegnerinnen auf dem Platz stehen, die mir einen Ball ins Tor kicken sollen.“
Geprägt ist ihre Karriere auch vom Tod ihres Vaters, vom immer wiederkehrenden Kampf um die Nummer 1, der sie zu neuen Vereinen ins Ausland treibt: von Turbine Potsdam einst zu Paris Saint-Germain, nach Birmingham und zum FC Chelsea, 2024 dann in die USA.
„Wie der Schiffsmast im Unwetter“
DFB-Stammtorhüterin wurde Berger erst mit deutlich über 30 vor den Olympischen Spielen 2024, wo sie dann mit ihren Elfmeter-Heldentaten Bronze sicherte. Auch bei der EM im Sommer in der Schweiz sorgte die eher introvertierte Fußballerin für Furore. Getragen über all die Jahre habe sie ihr Kindheitsmantra, das dem hyperaktiven Mädchen einst vom Kinderpsychologen vermittelt wurde: „Ich bin wie der Schiffsmast in einem Unwetter.“
Dass sie ein Kämpferherz sei, sei ein Trugschluss: „Wenn das Leben mir etwas hinwirft, dann schau ich mir das an, entspanne mich und reite die Welle, die da kommt. Egal, wie groß sie ist.“
Mit ihrer Verlobten in den USA angekommen
In New Jersey, wo sie mit ihrer englischen Mitspielerin und Verlobten Jess Carter lebt, ist Berger längst angekommen. Bei Gotham habe sich das Verbissene immer mehr in Luft aufgelöst und mache für etwas Platz, das sie viel zu lange vermisst habe: Spaß am Spiel. „Wenn ich im Tor stehe, bin ich glücklich. Es ist mein Happy Place; ein Ort, an dem ich ganz bei mir bin.“