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WM-Qualifikation Nach Anti-Mutmacher: Nagelsmann beschwört Siegermentalität

Julian Nagelsmann hat seine längste Siegesserie als Bundestrainer geschafft. Doch das 2:0 in Luxemburg wirft viele Fragen auf. Reicht es für das direkte WM-Ticket im Showdown gegen die Slowakei?

Von Arne Richter und Patrick Reichardt, dpa Aktualisiert: 15.11.2025, 11:00
Julian Nagelsmann blickt skeptisch auf das Spielfeld.
Julian Nagelsmann blickt skeptisch auf das Spielfeld. Federico Gambarini/dpa

Luxemburg/Leipzig - Das Tagesprogramm von Rudi Völler nach dem rumpeligen und zittrigen 2:0 in Luxemburg machte deutlich, dass bei der Fußball-Nationalmannschaft auf dem WM-Weg nach Amerika längst nicht alles nach Plan läuft. Ohne Spieler, so entschied es der DFB-Sportdirektor selbst, werde er einen Charity-Termin nach der Ankunft in Leipzig wahrnehmen. 

Die DFB-Profis um die herbeigesehnten Rekonvaleszenten Joshua Kimmich und Nico Schlotterbeck sowie Doppeltorschütze Nick Woltemade müssen sich auf den brisanten Qualifikations-Countdown gegen die Slowakei am Montag (20.45 Uhr/ZDF) konzentrieren. 

Tah verspricht Fokus

„Es ist wichtig, dass wir es schaffen, uns souverän zu qualifizieren. Da ist aktuell der Fokus drauf“, sagte Ersatzkapitän Jonathan Tah. Eine weitere Niederlage nach dem 0:2 im September gegen den unangenehmen Verfolger in der Gruppe A hätte fatale Folgen - nämlich zwei weitere Zitterspiele in den WM-Playoffs im März.

Mit grimmiger Miene war Völler auf der Tribüne im Stade de Luxembourg zu sehen, wohl wissend, dass weiterhin eine noch größere Enttäuschung als die Turnierfehlleistung in Katar 2022 droht: Das erstmalige Scheitern auf dem Weg zu einer WM-Endrunde in der DFB-Historie. 

Genau für solche Krisenmomente war Völler vor knapp drei Jahren nach dem Desaster im Emirat beim DFB installiert worden. Bundestrainer Julian Nagelsmann wählte trotz des schwierigen Szenarios und dem Anti-Mutmacher gegen den großen Außenseiter Luxemburg aber die sanfte Tour. 

Nicht auf Mannschaft draufhauen

„Am Ende habe ich schon das Gefühl, dass die Mannschaft das gerade nicht verträgt, wenn man jetzt super draufhaut, ehrlich gesagt, sondern wir wollen auch alle gemeinsam erfolgreich sein“, sagte der 38-Jährige. Auch für Nagelsmann steht an seiner ehemaligen Club-Arbeitsstelle in Leipzig viel auf dem Spiel. 

Die Nationalmannschaft ist sieben Monate vor dem WM-Anpfiff ein fragiles Gebilde, ohne verlässliche Automatismen oder Erfolgsgarantien. Die Frage ist: Trotz oder wegen der Arbeit des Bundestrainers? 

Rückkehrer Leroy Sané, unter der Woche vom Bundestrainer öffentlich unter Druck gesetzt, reichten ein paar gute Szenen, um nun die Ansprüche zu befriedigen. „Auf Bewährung war er nicht da, sondern er ist da, um das Spiel zu entscheiden, mitzuentscheiden, das hat er gemacht“, sagte Nagelsmann. 

Auch nach der persönlichen Rekordmarke von vier Siegen in Serie ist er längst zum Pragmatiker geworden. „Im Endeffekt ist Fußball Ergebnissport. Wir haben Druck in dieser Gruppe, den wir uns auch natürlich selber ein bisschen eingebrockt haben“, sagte der Bundestrainer. 

Fakt bleibt, gegen die Slowaken reicht ein Remis für Platz eins und die sichere WM-Teilnahme. Das war die wichtigste Ausbeute der Reise nach Luxemburg. Andere Erkenntnisse machen weniger Hoffnung Richtung WM-Sommer. Der Kader genügt in der derzeitigen Konstellation nicht den höchsten Ansprüchen. 

Hoffen auf Rückkehrer

Gegen die Slowakei will Nagelsmann die angeschlagenen Kimmich und Schlotterbeck wieder „auf dem Acker sehen“. Tatsächlich wurde die Mentalität der Führungsspieler vermisst. Bei Schlotterbeck ist der Bundestrainer nach dessen Fußblessur „vorsichtig optimistisch“, bei Kapitän Kimmich hingegen nach der Knöchelverletzung „vorsichtig skeptisch“.

Die Wahrheit ist auch, dass das Duo alleine keine Wunder bewirken kann. Für eine internationale Konkurrenzfähigkeit muss Nagelsmann auf die Rückkehr anderer fehlender Fixgrößen hoffen. Marc-André ter Stegen im Tor, Antonio Rüdiger in der Abwehr, Jamal Musiala und Kai Havertz in der Offensive, dazu eben noch Kimmich und Schlotterbeck: Mehr als die halbe Startelf könnte und dürfte bei der WM anders aussehen. 

Zu einer WM-Versicherung für Nagelsmann ist Torjäger Woltemade geworden. Noch vor wenigen Wochen wurde die Frage gestellt, warum dieser im DFB-Trikot nicht trifft. Nun gingen die letzten drei Treffer beim 1:0 in Nordirland und mit dem Doppelpack in Luxemburg auf das Konto des Angreifers. 

Nagelsmann lobte den 1,98-Meter-Schlaks nicht nur für seine Tore, sondern auch für seine Arbeit in die Tiefe, einen enormen Fleiß. „Ich freue mich. Er hat ähnliche Chancen gehabt in der Nations League, die er auch zu seinem Leidwesen noch nicht genutzt hat. Jetzt ist er halt super drin, auch in Newcastle, daher ist er wichtig für uns“, sagte der Bundestrainer. 

Remis hätte auch schlechte Auswirkungen

Nagelsmann will nicht auf Unentschieden spielen lassen. Ein Remis würde auch den wichtigen Platz im besten WM-Lostopf zunichtemachen. Auf einen Topgegner wie Argentinien oder Spanien schon in der Gruppenphase hat bei der DFB-Elf keiner Lust. Und auf WM-Playoffs sicher auch nicht. 

„Generell haben wir schon irgendwie eine gewisse DNA in der Mannschaft und es kommen die meisten von Clubs, wo sie Favorit sind“, erwartet Nagelsmann eine Siegermentalität. Aber: „Wir haben keine Phase, wo wir den Gegner aus dem Stadion schießen, sondern wir müssen uns Dinge erarbeiten“.