Kommentar Kommentar: Wen man statt der BVB-Fans auf die Südtribüne lassen sollte

Ok, im Sport herrschen eigene Gesetze. Im wahrsten Sinne: Über Dopingsünder etwa richtet der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne.
Auf nationaler Ebene für die Sportart Fußball ist das Sportgericht des Deutschen Fußballbundes zuständig. Dieser hat sich auch ein eigenes Grundgesetz, pardon Regelwerk, gegeben: Darin steht zum Beispiel in §9a:
„Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen, die im Auftrag des Vereins eine Funktion während des Spiels ausüben, verantwortlich.“
Der Verein muss es also ausbaden, wenn sich seine Fans schlecht benehmen. So geschehen am vorvergangen Spieltag, als Idioten (die Bezeichnung Fans ist in diesem Fall nicht angemessen) Fans von RB Leipzig mit Wurfgeschossen traktierten und ihnen den Spaß am Spiel gründlich vermiesten. Zudem fiel die Gelbe Wand, wie die 24.454 Fans auf der Südtribüne auch genannt werden, durch das Hochhalten von Transparenten mit Forderungen, die weit unter die Gürtellinie gingen, mehr als dumm auf.
Der Verein wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 100 000 Euro verurteilt. Die Südtribüne, Prachtstück der Signal Iduna Park, wird zusätzlich am kommenden Samstag beim Spiel gegen Wolfsburg leer bleiben.
Gut, Strafe muss sein – doch wäre ein anderer Umgang mit dem Fan-Bann nicht vielleicht denkbar gewesen?
Könnte man nicht anderen Menschen Zutritt gewähren?
24.454 freie Plätze in einem Stadion, das immer ausverkauft ist. Hmmm. Mal nachdenken. Kann man denn da nicht ausnahmsweise mal anderen Menschen Zutritt gewähren als den Hardcore-BVB-Fans inklusive der nicht identifizierbaren Idioten, die den Dortmundern den Schlamassel eingebrockt haben?
Ein Blick in die Türkei hätte genügt. Denn außer politisch aktuell eher Unerfreulichem, ereignete sich dort im Jahr 2011 Vorbildliches: Seinerzeit verteilte der Hauptstadtclub Fenerbahce Istanbul Zehntausende von Freikarten an Unter-Zwölfjährige, eine Fangruppe, die nicht nur in der Türkei den Großteil der Stadion-Besucher ausmachen. Der Club hatte zuvor ebenfalls wegen randalierender Fans einen Zuschauer-Bann auferlegt bekommen.
Anschließend gingen die Bilder eines Kinder-Fußballfests um die Welt. Gelungene Krisenkommunikation inklusive eleganter Image-Korrektur.
Außer Kindern sind übrigens noch zahlreiche andere – was den Fußball angeht – unterprivilegierte Gruppen denkbar, die man einmal in ein renommiertes Fußball-Stadion einladen könnte:
- Anti-Trump-Demonstranten, die Transparente mit Forderungen nach weniger Ausgrenzung und Wänden hochhalten könnten.
- Trump-Unterstützer, die Transparente mit Forderungen nach einer Gelben Wand zwischen Russland und China hochhalten könnten.
- Flüchtlinge, die Transparente mit Fußballbegriffen in ihrer jeweiligen Landessprache hochhalten könnten
- Homosexuelle, die aus der Gelben eine Pinke Wand machen könnten.
- Liverpool-Fans, die für eine Reise nach Dortmund weniger bezahlen als für eine Eintrittskarte für ein Liverpool-Spiel und im Dortmunder Stadion Transparente mit Kloppo-Sprüchen auf englisch hochhalten könnten
- Frauen, die Transparente mit Fotos ihrer Lieblingsspieler hochhalten könnten
- Schalke-Fans, die gezwungen werden, schwarz-gelbe Transparente hochzuhalten…. Etc., etc.
Das Prinzip der Sippenhaft wurde in Deutschland übrigens nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschafft. Es findet heute noch in Russland, Tschetschenien und Nordkorea Anwendung. Aber wie schon gesagt, der Sport und erst recht der Fußball, folgt anderen Gesetzen.