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Italien Italien: Erneute Doping-Debatte nach tödlicher Nervenkrankheit

02.07.2013, 15:06

rom/sid - Aktenzeichen XY ungelöst: Der Tod des früheren italienischen Fußball-Nationalspielers Stefano Borgonovo, der im Alter von nur 49 Jahren der unheilbaren Nervenkrankheit ALS erlegen ist, wirft im italienischen Sport neue Fragen über Verbindungen zwischen dieser Erkrankung und der Einnahme von Dopingmitteln auf.

Der gebürtige Lombarde spielte 1988/89 sowie von 1990 bis 1992 für den AC Florenz, einen Klub, der immer wieder durch rätselhafte Erkrankungen und frühe Tode seiner Spieler in die Schlagzeilen geraten ist. Der auf Doping-Untersuchungen spezialisierte Turiner Staatsanwalt Raffaele Guariniello erklärte nach Borgonovos Tod, dass seine 2008 in die Wege geleiteten Ermittlungen um das sogenannte „Gehrig-Syndrom“ (auch: Amyotrophe Lateralsklerose, ALS), an dem mehrere italienische Fußballspieler und Ex-Kicker in den vergangenen Jahren erkrankt oder gestorben sind, fortgesetzt werden.

„Die Ermittlungen laufen weiter. Es handelt sich um eine sehr umfangreiche Untersuchung. Wir sind dabei, die Daten zu aktualisieren, die bis vor einem Jahr gesammelt worden sind“, berichtete der Staatsanwalt. Der Verdacht ist, dass Fußballer verbotene Dopingsubstanzen eingenommen haben, die das Auftreten von ALS begünstigt haben könnten. Vermutet wird ebenfalls, dass bestimmte Pestizide, die auf den Spielfeldern versprüht wurden, die Krankheit ausgelöst haben könnten. „Wir bewegen uns in alle Richtungen. Wir prüfen auch Fälle, die weniger bekannte Fußballer betreffen“, sagte Guariniello.

Unter den Profi-Fußballern sei die Todesrate wegen des 'Gehrig-Syndroms' sechsmal höher als unter der normalen Bevölkerung. „Wir haben auch Vergleiche mit Radfahrern und Basketballern gemacht, unter ihnen wurde kein einziger Fall gemeldet“, sagte Guariniello kürzlich. Die „Gehrig-Syndrom“ ist eine irreversible Sklerose und hängt laut Ärzten mit großem physischen Stress sowie mit Traumata zusammen. Die Krankheit des Zentralnervensystems tritt aber auch gehäuft in bestimmten Familien auf. ALS beginnt zumeist mit Lähmungserscheinungen und Muskelschwäche. Nach einiger Zeit sterben die Patienten zumeist an Atemversagen. Eine Heilung gibt es nicht.

Borgonovo war 2005 an dem Gehrig-Syndrom erkrankt. Er war seitdem gelähmt und musste künstlich beatmet werden. Normalerweise schreitet die Lähmung voran und führt zum Tod. In den 1970er Jahren hatte Borgonovo für Klubs wie AC Florenz und AC Mailand gespielt. Weitere prominente Fußballer wie die Fiorentina-Legende Gianfranco Signorini sind an der Krankheit gestorben. In Deutschland war der ehemalige Wolfsburger Bundesliga-Profi Krzysztof Nowak (29) ebenfalls ALS im Mai 2005 erlegen. Der zehnmalige polnische Nationalspieler war 2000 erkrankt. Sein letztes von 83 Bundesligaspielen hatte Nowak am 10. Februar 2001 bestritten. Für den VfL erzielte der Mittelfeldspieler seit 1998 zehn Tore. Zu den verstorbenen Spielern, wegen deren Todesfälle Guariniello ermittelt, zählt auch die österreichische Fußball-Legende Ernst Ocwirk (ehemaliger Trainer des 1. FC Köln). Italienischen Medien zufolge sei es nicht auszuschließen, dass der 1980 im Alter von 53 Jahren an der mysteriösen Lou-Gehrig-Krankheit verstorben sei. Guariniello hat in den vergangenen Jahren eine 24.000 Spieler umfassende Untersuchung abgeschlossen und die Resultate dem Gesundheitsministerium in Rom zugeschickt. Er nahm Fußballer der Serie A und B unter die Lupe, die zwischen 1970 und 2001 gespielt haben.