FC Bayern FC Bayern: Was Carlo Ancelotti anders als Pep Guardiola macht

Lippstadt - Carlo Ancelotti hat gelassen reagiert, so ruhig, wie es seinem Image entspricht. Wildes Gestikulieren ließ sich nicht beobachten, stattdessen stand der neue Trainer des FC Bayern beim ersten Test der Saison am Samstag auch dann noch sehr unaufgeregt in seinem Trainingsanzug an der Seitenlinie, als seine Mannschaft das zweite Gegentor beim Oberligisten SV Lippstadt 08 kassiert hatte.
Ancelotti verschränkte die Arme mal vor, mal hinter dem Oberkörper und beobachtete weiter in seinem Kapuzenpullover, wie sich seine Elf ohne zahlreiche Nationalspieler und mit vielen Nachwuchskräften so schlägt. Aufregung beim Debütspiel, Verärgerung über die laxe Abwehr? Schon möglich, aber nicht erkennbar.
Holpriger Einstand
„Meine erste Woche war gut“, sagte Ancelotti nach dem 4:3 (3:0)-Sieg beim Heimatverein seines Chefs Karl-Heinz Rummenigge, der auf der Tribüne den etwas holprigen Einstand verfolgt hatte.
In erster Linie ging es in diesem Spiel aber um Ancelotti, und gewinnen ließ sich vor allem der Eindruck, dass eine neue Ruhe in der Coachingzone des FC Bayern Einzug gehalten hat. Dort, wo sein Vorgänger Pep Guardiola drei Jahre lang stets im feinen Zwirn gewirbelt und viele erfolgreiche Experimente vorgegeben hatte.
Aufgenommen hatte Ancelotti seine neue Tätigkeit bereits drei Tage vor seinem offiziellen Arbeitsbeginn mit zahlreichen organisatorischen Terminen. Dass alles genau protokolliert wurde von der Bild-Zeitung und diese noch vor der offiziellen Vorstellung des Trainers ein Exklusivinterview mit diesem bekam, erzählte schon viel über die Veränderungen im Vergleich zu Guardiola. Der Katalane war stets unnahbar geblieben, nicht nur für die Medien.
Keine Berührungsängste
Ancelotti hat nicht nur weniger Berührungsängste, der Italiener unterscheidet sich nach den ersten Eindrücken auch sonst ziemlich grundsätzlich von seinem Vorgänger. „Lange Frage, kurze Antwort“, sagte er einmal auf seiner Präsentation. Ancelotti wollte damit wohl vermitteln, dass er ein Mann der klaren Vorstellungen und ebensolcher Aussagen ist. Diese formuliert er schon häufig auf Deutsch. Der 57-Jährige findet, der Gebrauch der Landessprache sei „eine Frage der Professionalität“.
Ancelotti, der Bauernsohn aus der Poebene, gilt als ruhiger und gemütlicher Charakter. Er kokettiert sogar mit dem Image des Genussmenschen. Er habe in München schon einige Restaurants kennengelernt, „ich muss ja auch essen und trinken“, ließ er wissen. „Er ist ein cooler Bursche, sehr menschlich mit einem großen Herz“, sagte Rummenigge nun in Lippstadt, „wir haben einen wunderbaren Trainer geholt.“
Und unterschätzen sollte man diesen Trainer wohl besser nicht, schon gar nicht in Sachen Ehrgeiz. Dass er schon ziemlich gut Deutsch sprechen kann, deutet an, wie ausgeprägt dieser ist. Auch im Training fallen die Unterschiede auf: mehr Fluss, weniger Unterbrechungen, vor allem schlichtere Übungen. Es wirkt beinahe, als wolle er das Spiel gezielt vereinfachen, eine klare Linie vermitteln, das Miteinander fördern. „Das Wichtigste ist der Teamgeist. Ich möchte, dass meine Spieler auf den Platz gehen und versuchen, miteinander zu spielen und sich gegenseitig zu helfen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg, nicht das System“, sagte er bereits.
Lob von Guardiolas Musterschüler
„Er ist ein anderer Typ“, findet Philipp Lahm. Der Kapitän war Guardiolas Musterschüler, geprägt war ihr Verhältnis von einer hohen gegenseitigen Wertschätzung. Wenn Lahm nun über Ancelotti spricht, muss er aufpassen, dass kein abwertender Zungenschlag reinkommt. Lahm sagt: „Alle Trainer haben verschiedene Charaktere.“ Allein dadurch sei der Umgang schon etwas anderes. Und als Spieler sei man „vielleicht wieder etwas fokussierter im Training, weil es etwas Neues ist.“ Lahm klingt positiv, aber auch diplomatisch.
Andererseits: Was sollen die Spieler schon sagen, erst recht nach so kurzer Zeit? Oder nach nur einem kurzen Treffen, wie Thomas Müller? Der Nationalspieler sagte danach: „Ein sehr erfahrener Mister, der sehr souverän auftritt, aber auch Entspannung und Vorfreude auf seinen Job bei Bayern ausgestrahlt hat. Er hat auf mich so gewirkt, wie es seine Titelsammlung aussagt.“ Erfolgreich also. (mz)