Österreich gegen Ungarn EM2016: Drei RB Leipzig-Spieler bei Österreich gegen Ungarn

Mallemort - Stefan Ilsanker fand kein Ende. Das Handy schien an seinem Ohr zu kleben. „Wir haben bestimmt eine gute Stunde lang telefoniert“, erzählte der österreichische Nationalspieler später. Was erstaunlich war, denn am anderen Ende der Leitung sprach ein Konkurrent: Peter Gulacsi, der Torhüter Ungarns, dem Auftaktgegner Österreichs. Absprachen oder Geheimtipps? „Nein, nein“, meinte Stefan Ilsanker. „Wir freuen uns einfach, dass wir aufeinandertreffen.“
Vier Leipziger bei der EM
Tor:
Robert Almer (Austria Wien),
Heinz Lindner (Eintracht Frankfurt),
Ramazan Öczan (FC Ingolstadt)
Abwehr:
Aleksandar Dragovic (Dynamo Kiew),
György Garics (SV Darmstadt 98),
Christian Fuchs (Leicester City),
Florian Klein (VfB Stuttgart),
Sebastian Prödl (FC Watford),
Martin Hinteregger (Borussia Mönchengladbach),
Markus Suttner (FC Ingolstadt),
Kevin Wimmer (Tottenham Hotspur)
Mittelfeld:
David Alaba (Bayern München,)
Julian Baumgartlinger (FSV Mainz 05),
Stefan Ilsanker (RB Leipzig),
Jakob Jantscher (FC Luzern),
Zlatko Junuzovic (Werder Bremen),
Marcel Sabitzer (RB Leipzig),
Alessandro Schöpf (Schalke 04)
Angriff:
Marko Arnautovic (Stoke City),
Martin Harnik (VfB Stuttgart),
Lukas Hinterseer (FC Ingolstadt),
Marc Janko (FC Basel),
Rubin Okotie (1860 München)
Steht nicht gerade eine Europameisterschaft an, sind Ilsanker und Gulacsi nämlich Mitspieler bei Bundesliga-Aufsteiger RB Leipzig. Sie sind Freunde. Und deshalb „habe ich ihm auch noch mal zur Hochzeit gratuliert“, erklärte der Österreicher, dessen Leipziger Teamkollege erst vor anderthalb Wochen geheiratet hat. Mitten in der EM-Vorbereitung gab Peter Gulacsi seiner Diana am Nordufer des Balatons das Ja-Wort. Dafür flog er mit dem Helikopter extra aus dem ungarischen Trainingslager im österreichischen Leogang ein. Ungarns deutscher Nationaltrainer Bernd Storck hatte sein Okay gegeben.
Gulacsi und Ilsanker, deren Nationen an diesem Dienstag in Bordeaux aufeinandertreffen, sind zwei von vier EM-Teilnehmern aus Leipzig: Marcel Sabitzer spielt ebenfalls für Österreich, Emil Forsberg stürmt für Schweden. Und sie alle gehen gestärkt in dieses Turnier dank einer tollen Aufstiegssaison. „Ich habe viele Eindrücke gesammelt und mich persönlich weiterentwickelt im letzten Jahr“, erklärte Stefan Ilsanker stellvertretend. „Vor ausverkauften Stadien in der zweiten deutschen Liga zu spielen und auch die Atmosphäre bei den Heimspielen in Leipzig mitzukriegen, war schon etwas anderes. Das gab es früher in Österreich nicht.“
Im Sommer 2015 war der Mittelfeldspieler quasi firmenintern von RB Salzburg nach Leipzig gewechselt - genau wie Sabitzer. Dort wurde er zum Stammspieler, 26 Partien bestritt Ilsanker in der kürzlich abgelaufenen Saison. Sein Landsmann Marcel Sabitzer kam sogar auf 32. Beide hatten am Aufstieg einen gehörigen Anteil. „Jetzt freue ich mich auf die ganz großen Stars in der ersten Bundesliga“, meinte Ilsanker.
Auf die trifft er nun bereits bei der Europameisterschaft. Zwar nicht im Duell mit den mittelmäßig besetzen Kontrahenten Ungarn und Island, aber ganz sicher gegen Portugal - und Cristiano Ronaldo. Angst und bange ist Stefan Ilsanker auch da nicht, denn: „Wir spielen geilen Fußball, und die Fans stehen hinter uns.“
Gespräche über Hasenhüttl
Wie oft der 27-Jährige auf dem Platz wird stehen dürfen, bleibt abzuwarten. Auf seiner Position im zentralen Mittelfeld ist der Bald-Leverkusener Julian Baumgartlinger gesetzt. Neben ihm wäre im Grunde ein Platz frei. Nur Pech für Ilsanker, dass Nationaltrainer Marcel Koller seinen Superstar David Alaba auf seiner Lieblingsposition als Schaltzentrale im Mittelfeld ranlässt und ihn nicht wie meist beim FC Bayern weiter hinten und außen einsetzt.
Stefan Ilsanker ist aber niemand, den so etwas wurmt. Auch mal auf der Bank zu sitzen, würde ihm im Kreise der Nationalmannschaft nicht schwer fallen, sagte er. Die Motivation sei trotzdem hoch, „wenn du den Adler auf der Brust hast und dein Land vertreten darfst“.
Sabitzer gegen Harnik
Genau so geht es dem 22-jährigen Marcel Sabitzer, der mit Martin Harnik von Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart um den Platz in der Offensive kämpft. „Natürlich wollen wir alle spielen, aber keiner ist dem anderen etwas neidisch“, erklärte Stefan Ilsanker.
Tor:
Gabor Kiraly (Haladas Szombathely),
Denes Dibusz (Ferencvaros Budapest),
Peter Gulacsi (RB Leipzig)
Abwehr:
Attila Fiola (Puskas Akademia),
Barnabas Bese (MTK Budapest),
Richard Guzmics (Wisla Krakau),
Roland Juhasz (Videoton FC),
Adam Lang (Videoton FC),
Tamas Kadar (Lech Posen),
Mihály Korhut (Debreceni Vasutas SC)
Mittelfeld:
Adam Pinter (Ferencvaros Budapest),
Gergö Lovrencsics (Lech Posen),
Akos Elek (Diosgyöri VTK),
Zoltan Gera (Ferencvaros Budapest),
Adam Nagy (Ferencvaros Budapest),
Laszlo Kleinheisler (Werder Bremen),
Zoltan Stieber (1. FC Nürnberg)
Angriff:
Balazs Dzsudzsak (Bursaspor),
Adam Szalai (Hannover 96),
Krisztian Nemeth (Al-Gharafa),
Nemanja Nikolics (Legia Warschau),
Tamas Priskin (Slovan Bratislava),
Daniel Böde (Ferencvaros Budapest)
Es wird viel gesprochen miteinander im österreichischen Teamhotel. Und irgendwann war in den vergangenen Tagen oder Wochen auch Ralph Hasenhüttl ein Thema. Die Österreicher Ramazan Özcan, Lukas Hinterseer und Markus Suttner kennen den neuen RB-Coach, übrigens ebenfalls ein Österreicher, schließlich gut aus Ingolstadt und hätten nur Positives berichtet, erzählt Ilsanker: „Von daher freue ich mich schon sehr. Ich bin gespannt, wie er uns auf die Bundesliga einstimmen wird.“
Erstmal aber ist EM. Erstmal muss Kumpel Peter Gulacsi besiegt werden. Der ist bei Ungarn hinter Kult-Keeper Gabor Kiraly zwar nur die Nummer zwei. Doch Gulacsi und Ilsanker werden sich auf dem Rasen trotzdem treffen. „Nach dem Spiel“, blickte Stefan Ilsanker voraus, „wird es auf jeden Fall einen Trikottausch geben.“
Eine große Geschichte über Ungarns Kult-Torwart Gabor Kiraly und den EM-Rekord, den er am Dienstag aufstellen kann, lesen Sie auf Seite 4 im kostenlosen E-Paper der MZ.