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Geschenkte Luxusuhr DFB-Präsident Reinhard Grindel nach Korruptionsvorwürfen vor Rücktritt

02.04.2019, 14:57
Reinhard Grindel bei der Pressekonferenz
Reinhard Grindel bei der Pressekonferenz Bongarts

Frankfurt - Reinhard Grindel hat am Dienstag die Konsequenzen aus den neuerlichen Negativschlagzeilen gezogen und ist als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurückgetreten. Das gab der 57-Jährige bekannt, nachdem er in den vergangenen Tagen mehr und mehr unter Druck geraten war. Bis zum DFB-Bundestag am 27. September werden wie vor Grindels Wahl die Vize-Präsidenten Reinhard Rauball und Rainer Koch das Amt kommissarisch bekleiden.

Ausschlaggebend war nach Grindels Ansicht letztlich die Annahme einer geschenkten Luxusuhr. „Ich bin tief erschüttert, dass ich wegen eines solchen Vorgangs meine Funktion als DFB-Präsident aufgeben muss, die ich gerne ausgeübt habe, vor allem um dem Amateurfußball in Deutschland Impulse zu geben“, sagte Grindel: „Am Ende frage ich mich: Warum ist das passiert? Ich kann es mir nur so erklären, dass ich zutiefst davon überzeugt war, dass ich nichts Unrechtes tue und im Stress des Amtes einfach zu wenig hinterfragt habe.“

Kritik an Reinhard Grindel wurde immer lauter

Grindel war am 15. April vom DFB-Schatzmeister zum Nachfolger des im Zuge des Sommermärchen-Skandals zurückgetretenen Wolfgang Niersbach aufgestiegen. Ein Jahr später war er ins Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (UEFA) sowie als UEFA-Vertreter ins Council des Weltverbands FIFA gewählt worden. Diese beiden Ämter sind unabhängig von seiner Tätigkeit beim DFB, er wird sie „in enger Abstimmung mit dem DFB“ weiter ausüben.

Koch lobte Grindels „hohes persönliches Engagement für den DFB“, Rauball nahm den Rücktritt mit „Respekt und Verständnis zur Kenntnis. Der Druck auf seine Person ist in den vergangenen Wochen auf unterschiedlichen Ebenen permanent gestiegen. Es ist daher im Sinne des deutschen Fußballs und seiner Handlungsfähigkeit, den Weg für einen personellen, aber auch strukturellen Neuanfang innerhalb des DFB freizumachen“.

Nach den vom Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erhobenen Vorwürfen, dass er Zusatzeinkünfte über 78.000 Euro als Aufsichtsratschef der DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft in den Jahren 2016 und 2017 nicht publik gemacht habe, fand der einstige CDU-Berufspolitiker in den vergangenen Tagen kaum noch Rückhalt in der Verbandsspitze. Die DFB-Presseabteilung versicherte, dass Grindel bei seinem Amtsantritt korrekte Auskünfte über seine Einkünfte gemacht habe. Den gut dotierten Aufsichtsratsposten trat er drei Monate später an.

Am Montagabend war die Kritik an Grindel bereits lauter geworden. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus sagte: „Wenn man in solch einer Position ist und solche Dinge ans Licht kommen, sollte man zumindest Argumente haben, um sie so schnell wie möglich beiseite zu räumen. Beim DFB wird aber schon einmal gerne zu lange rumgeeiert.“ Auch Andreas Rettig, Geschäftsführer beim Zweitligisten FC St. Pauli, ging verbal auf Distanz: „Einen Platz in der Hall of Fame würde Grindel heute sicher nicht bekommen. Das Erscheinungsbild des DFB ist schon seit längerer Zeit verbesserungswürdig.“

DFL und DFB wollen gemeinsamen Kandidaten benennen

Die Suche für einen Nachfolger läuft derweil schon. „Unser Ziel ist es jetzt, einen gemeinsamen Kandidaten von DFB und DFL außerhalb des Präsidiums zu finden, der die Anliegen des Amateurfußballs ebenso im Blick hat wie den Spitzenfußball“, sagte Amateur-Boss Rainer Koch am Dienstag in einer Erklärung. 

Der Vizepräsident führt gemeinsam mit Ligapräsident Reinhard Rauball bis zum DFB-Bundestag am 27. September die Geschäfte beim Verband.

Kritik am Umgang Grindels mit Mesut Özil

Gemeint sein dürfte vor allem das Jahr 2018, als auf das erstmalige WM-Vorrundenaus der deutschen Nationalmannschaft in Russland die Affäre um Mesut Özil folgte. Der 30-Jährige musste nach einem Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den WM-Sommer über harsche Kritik einstecken und fühlte sich vom DFB nicht ausreichend beschützt.

Danach trat Özil mit einem via Social Media verbreiteten Rundumschlag aus der DFB-Elf zurück und übte dabei auch harsche Kritik an Präsident Grindel. Dieser räumte später ein: „Ich hätte mich angesichts der rassistischen Angriffe an der einen oder anderen Stelle deutlicher positionieren und vor Mesut Özil stellen müssen. Da hätte ich klare Worte finden sollen.“ (dpa/sid)

Reinhard Grindel
Reinhard Grindel
dpa