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2. Liga Der Kampf geht weiter: Hamburgs nächstes Aufstiegs-Drama

Wie in der Vorsaison muss der HSV in die Relegation. Dabei wähnten sich Tausende Fans beim Saisonfinale in Sandhausen schon zurück in der Bundesliga. Nun wartet der Ex-Club von Trainer Tim Walter.

Von Christoph Lother und Jann Philip Gronenberg, dpa Aktualisiert: 29.05.2023, 13:21
Tim Walter trifft mit dem HSV in der Relegation auf den VfB Stuttgart.
Tim Walter trifft mit dem HSV in der Relegation auf den VfB Stuttgart. Uwe Anspach/dpa

Hamburg - Zumindest äußerlich ließen sich Tim Walter und Jonas Boldt das Drama von Sandhausen nicht mehr anmerken. Die Botschaft, die Coach und Sportvorstand des Hamburger SV auf dem Weg zum Trainingsplatz vermitteln wollten, war klar: Die irren Szenen vom Vortag sind abgehakt, die Konzentration schon voll auf die Relegation gerichtet.

In den K.o.-Spielen gegen Walters Ex-Club VfB Stuttgart soll am Donnerstag und kommenden Montag nun endlich das gelingen, worum die Hanseaten seit ihrem Abstieg 2018 erbittert und bislang erfolglos kämpfen: die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga.

„Wir haben vorher schon gewusst, dass wir diesen Weg gehen könnten. Und das müssen wir jetzt“, hatte Walter bereits direkt nach dem emotionalen Zweitliga-Saisonfinale gesagt. Die Erfahrung aus der vergangenen Spielzeit, als man auch schon in der Relegation antrat und gegen Hertha BSC verlor, soll den Hamburgern laut Walter dabei helfen. „Wir werden versuchen, diesmal die Oberhand zu behalten“, sagte der 47-Jährige.

Stadionsprecher gratulierte dem HSV zum Aufstieg

Zumindest für mehrere Minuten hatten sich Tausende HSV-Fans nach dem 1:0-Sieg in Sandhausen schon zurück in der deutschen Eliteklasse gewähnt. Euphorisch waren sie auf den Platz gestürmt. Der Stadionsprecher hatte bereits zum Aufstieg gratuliert, wofür sich sein Club später entschuldigte. Denn das Parallelspiel des 1. FC Heidenheim bei Jahn Regensburg lief ja noch. Die Heidenheimer trafen noch zweimal in der Nachspielzeit, gewannen 3:2 und schubsten den HSV zurück auf Rang drei.

Auch Hamburgs Trainer Walter hatte zuvor vor Freude eine Wasserflasche durch die Luft geschleudert, sich dann aber schnell wieder gebremst. „Ich habe mich nur über unseren Sieg gefreut“, erklärte er hinterher. „Ich bin dann direkt in die Kabine. Es war sehr, sehr emotional.“ Und es dürfte durchaus eine Herausforderung für die Hanseaten werden, dieses Wahnsinns-Finale in der kurzen Zeit bis zu den Relegationsspielen abzuschütteln.

Die Ersatzspieler, die am Montag auf dem Rasen trainierten, wirkten jedenfalls betretener als ihre Vorgesetzten. Die Spuren, die das Doppelkonzert der Metal-Band „Metallica“ an den Vorabenden rund um den Volkspark hinterlassen hatte, hätten auch die des emotionalen Orkans gewesen sein können, der in Sandhausen über den HSV hinweggefegt war.

Jahr für Jahr ist der sechsmalige deutsche Meister der große Aufstiegsfavorit, doch der Kampf um die Bundesliga-Rückkehr will bislang einfach nicht enden. „Wir haben noch eine Chance“, sagte Kapitän Sebastian Schonlau, nachdem er sich wieder sortiert hatte. „Unsere Jungs haben so viel mitgemacht am Standort in Hamburg, sich sehr viel weiterentwickelt“, ergänzte Sportvorstand Boldt. „Ich hoffe, dass wir uns einfach mal belohnen dafür.“

HSV-Coach trifft auf seinen Ex-Club

Die Statistik ist dabei kein Mutmacher: Nur dreimal seit 2009 setzte sich in der Relegation der Zweitligist durch. Laut Boldt wäre es an der Zeit, den Modus mal zu überdenken. Dieses Jahr bleibt dem HSV der erneute Nervenkitzel in den Zusatzspielen aber sicher nicht erspart.

Dass Walter dabei auf die Stuttgarter trifft, die ihn im Dezember 2019 nach nur einem halben Jahr vor die Tür gesetzt hatten, verleiht dem Ganzen noch zusätzliche Brisanz. Der Trainer selbst sieht es allerdings gelassen. „Ich habe viel gelernt und beim HSV jetzt noch viel mehr gelernt“, sagte er. Von Rachegedanken zumindest äußerlich keine Spur.

Beim seit Jahren kriselnden VfB, der 2016 und 2019 abstieg und sich vergangene Saison erst am letzten Spieltag rettete, erwarten sie aber so oder so „jeweils ein hartes Stück Arbeit“, wie Sportdirektor Fabian Wohlgemuth nach dem abschließenden 1:1 gegen die TSG Hoffenheim am Wochenende mit Blick auf die zwei Relegationsspiele sagte. „Duelle zwischen dem VfB und dem HSV zählen zu den traditionsreichen Spielen im deutschen Fußball“, so der 44-Jährige. Dass Tradition keine Tore schießt, wissen beide Clubs allerdings nur zu gut. Einer der beiden Großclubs wird am Ende wie so oft wieder leiden müssen.