Fußball-Klub CFC im Fokus Chemnitzer FC im Fokus: Wie sich die rechte Hooligan-Szene in Chemnitz organisiert

Chemnitz - Vielleicht wurde das neu sanierte Stadion des Chemnitzer FC von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bewusst als Ort der Diskussion „Chemnitz, wir müssen reden“ gewählt.
Denn auch rechte Fans des Fußball-Regionalligisten sollen an den gewalttätigen Demonstrationen und Attacken - ausgelöst durch den Tod eines Chemnitzers nach einer Messerattacke - beteiligt gewesen sein, sie sogar neben der AfD mit initiiert haben.
Die Hooligan-Gruppierung „Kaotic Chemnitz“ forderte in einem mittlerweile bei Facebook wieder gelöschten Eintrag „alle Chemnitz Fans und Sympathisanten“ auf, sich unter dem Motto „Unsere Stadt – Unsere Regeln“ zu versammeln „und gemeinsam zu zeigen, wer in der Stadt das Sagen hat“.
Chemnitzer FC: Gründer von „HooNaRa“ leitete den Ordnungsdienst
Dass der CFC wie auch andere Fußball-Clubs in ganz Deutschland Probleme mit rechten Fans hat, ist seit Jahren bekannt. In den 1990ern gründete Thomas Haller die „HooNaRa“ (Hooligans-Nazis- Rassisten), die sich 2007 auflöste. Haller leitete bis 2006 den Ordnungsdienst des CFC.
Das war zu der Zeit, als der Club Stadionverbote gegen „HooNaRa“ und die „NS-Boys“, die einen auf einem Plakat der Hitlerjugend abgebildeten Jungen als Gruppenlogo verwenden, aussprach. Gegen die offiziell mittlerweile aufgelöste Gruppierung „Kaotic Chemnitz“ verhängte der Chemnitzer FC 2012 ein Stadionverbot bei Heim- und Auswärtsspielen.
Ihre Aktivitäten stellten die Gruppen aber nicht ein, sie agieren wohl in losen Verbünden weiter. Im jüngsten sächsischen Verfassungsschutzbericht wurde „Kaotic Chemnitz“ im Zusammenhang mit der rechtsextremen Chemnitzer Szene genannt. Neben gemeinsamen Aktivitäten gebe es auch personelle Überschneidungen zur Anfang 2014 verbotenen rechtsextremen Gruppe „Nationale Sozialisten Chemnitz“.
CFC-Hooligans unterhalten enge Kontakte nach Cottbus
„Die Chemnitzer Hooligan-Szene und die Chemnitzer Kameradschaftsszene waren schon immer ein Paar“, sagte Robert Claus von der „Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“ dem „Tagesspiegel“. Die Chemnitzer Szene sei „eng verbandelt vor allem mit rechten Hools und Ultras aus Cottbus. Es gibt kaum Szenen in Deutschland, die so eng verbandelt sind und so viel miteinander machen: Auswärtsfahrten, Kämpfe, Feiern, Angriffe auf politische Gegner“, sagte der Experte für Fanszenen und Rechtsextremismus.
Der CFC geriet durch Verfehlungen seiner Fans immer wieder in Verruf. So wurden dunkelhäutige gegnerische Spieler mit Affenlauten verhöhnt, zuletzt hissten CFC-Fans Anfang August beim Spiel gegen den SV Babelsberg 03 eine Reichskriegsfahne und zeigten den Hitlergruß.
Der Chemnitzer FC, Heimatclub von Ex-Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack, verachte die menschenfeindlichen Krawalle in der Stadt, hieß es in einer Mitteilung nach dem Tod des 35-Jährigen nach einer Messerattacke vermutlich durch einen Iraker und einen Syrer, die in Untersuchungshaft sitzen. Der Verein sei nicht „blauäugig“ und wolle helfen, Vorwürfe aufzuklären, dass „rechte Gruppierungen eine Organisationsbasis beim Chemnitzer FC haben könnten“.
Dynamo Dresden und Carl Zeiss Jena sind auf dem richtigen Weg
Prävention, die Unterstützung antirassistischer Fangruppen und harte Sanktionen gelten im Kampf gegen rechte Fans in den Stadien als Schlüssel zum Erfolg. Dafür seien Dynamo Dresden und der FC Carl Zeiss Jena „zwei sehr gute Beispiele, in denen die Vereine und größere Teile der Fanszenen sich kontinuierlich und glaubwürdig gegen Rechtsextremismus im Stadion eingesetzt haben“, sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle der Fanprojekte, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Das letzte sportliche Fußball-Fest beim CFC liegt gut ein Jahr zurück. Am 12. August 2017 funkelte die sanierte Arena beim Besuch des deutsche Rekordmeisters FC Bayern in himmelblau. Selbst das 0:5 und das Erstrunden-Aus im DFB-Pokal verschmerzten die CFC-Fans mit Anstand. Danach ging es aber steil bergab: Drittliga-Abstieg, Massen-Rücktritte in der Führungsetage, Insolvenz am 11. April. Und nun auch noch die wieder hochkochende Diskussion um rechte Fans.
Berliner AK reist mit Bedenken nach Chemnitz
Das führte dazu, dass die Verantwortlichen des deutsch-türkischen Vereins Berliner AK über eine Absage des Duells am 15. September in Chemnitz nachdenken, sollte die Sicherheit des BAK und seiner Fans nicht gewährleistet werden.
CFC-Sportvorstand Thomas Sobotzik lud BAK-Präsident Mehmet Ali Han zu einem Mittagessen nach Chemnitz ein, um die Berliner davon überzeugen, „dass sie sich um ihre Sicherheit keine Gedanken machen müssen“. Das Spiel wurde von den Sicherheitsbehörden als „bedingt störanfällig“ eingestuft - der niedrigsten Sicherheitsstufe. (dpa)