Nationalmannschaft Bundestrainer Joachim Löw streicht Max Kruse aus Nationalmannschaftskader

Frankfurt/Main - Max Kruse steht nach seiner Suspendierung vom Nationalteam am Scheideweg seiner Profi-Karriere. Für den Angreifer vom VfL Wolfsburg wird die Luft auch in seinem Club dünner. Bundestrainer Joachim Löw suspendierte den Angreifer nach einem erneuten Fehltritt vom Nationalteam für die Test-Länderspiele gegen England und Italien (26./29. März).
Kruse muss nun gar um seine EM-Teilnahme im Sommer bangen.
„Der Vorfall am zurückliegenden Wochenende widerspricht meinen Erwartungen. Max hat sich zum wiederholten Male unprofessionell verhalten. Das akzeptiere ich nicht“, wurde Löw in einer Mitteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montag zitiert.
Kruse nach Darmstadt-Spiel in Berlin
„Das ist eine Entscheidung, die ich nachvollziehen kann. Max Kruse hat die Warnsignale in Bezug auf die Nationalmannschaft einfach nicht verstanden. Aber die hat er auch nicht verstanden im Innenverhältnis zum VfL Wolfsburg“, sagte Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs wenig später der Deutschen Presse-Agentur.
Kruse selbst hatte zuvor einen Vorfall in einem Berliner Club am Samstagabend bestätigt. Dort hatte der Stürmer seinen 28. Geburtstag wenige Stunden nach dem enttäuschenden 1:1 seines VfL Wolfsburg gegen Darmstadt 98 gefeiert. Eine Reporterin hatte Kruse mehrfach ungefragt fotografiert.
„Natürlich war ich irgendwann genervt und habe dann vielleicht unpassend reagiert“, sagte Kruse. Er habe den Vorfall in einem persönlichen Gespräch mit der Journalistin des Blattes ausgeräumt.
Kruse steht "absolut auf dem Prüfstand"
Trotzdem sind die Folgen für ihn gravierend. Von seinem Club wurde der Angreifer nach dpa-Informationen bereits erneut sanktioniert. Nach Angaben der „Bild“ (Montag) muss Kruse eine Geldstrafe von 25 000 Euro zahlen. „Vor dem Aus steht er unmittelbar nicht, aber er steht natürlich absolut auf dem Prüfstand“, sagte Allofs.
Die Ausbootung im Nationalteam erfolgte demnach in enger Abstimmung zwischen Allofs, VfL-Coach Dieter Hecking und dem Bundestrainer sowie Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff. „Wir haben gemeinsam überlegt, was sinnvoll sein könnte“, bestätigte Allofs.
Der Hamburger Torhüter glaubt, er sei deutlich besser als Toni Schumacher, ist bei der WM in Mexiko aber nur die Nummer zwei. Er betitelt Teamchef Franz Beckenbauer als „Suppenkasper“, muss vorzeitig abreisen und kehrt nicht mehr ins Team zurück.
Lothar Matthäus veröffentlicht via Bild-Zeitung „Tagebücher“ mit Interna aus den Teams. Da er dabei vor allem Vogts' Lieblingsspieler Jürgen Klinsmann attackiert, gewinnt dieser den Machtkampf und Matthäus darf nicht zur EM 1996 - bei der Deutschland den Titel holt. Matthäus gibt später nochmal ein Comeback und beendet seine Nationalmannschafts-Karriere erst nach der missratenen EM 2000 im Alter von 39 Jahren.
Nach der schwachen Leistung der DFB-Elf im WM-Vorrundenspiel gegen Südkorea pfeifen die Fans. Effenberg streckt ihnen den Mittelfinger entgegen, stellt die Geste später nochmal extra für die Kameras nach. Bundestrainer Berti Vogts und DFB-Präsident Egidius Braun schicken ihn vorzeitig aus den USA nach Hause. 1998 bewegt Vogts ihn zu einem missglückten Kurz-Comeback, als Nachfolger Rudi Völler das im Jahr 2000 ebenfalls versucht, will Effenberg nicht mehr.
Nach einem schwachen Spiel gegen die Niederlande im November 1998 berücksichtigt Teamchef Erich Ribbeck Basler im nächsten Jahr zunächst nicht. Der fordert öffentlich ein Vier-Augen-Gespräch. Worauf Ribbeck nicht eingeht: „Ich lasse mich nicht erpressen. Ich entscheide, mit wem ich spreche, wann und wie lange ich mit ihm spreche.“ Basler kehrt nicht mehr zurück in die DFB-Elf.
Beim WM-Qualifikationsspiel gegen Russland gehört Kuranyi zum Aufgebot, nicht aber zum Kader beim Spiel. Auf der Tribüne in Dortmund muss der Schalker Stürmer sich offenbar einige Sprüche anhören und fährt während des Spiels einfach nach Hause. Bundestrainer Joachim Löw nominiert ihn nie wieder.
Die „Dönerwurf-Affäre“ hat Löw dem Dortmunder verziehen. Sogar nachdem im WM-Trainingslager 2014 bekannt wurde, dass Großkreutz in eine Hotel-Lobby urinierte, nimmt der Bundestrainer ihn mit nach Brasilien. Dort bleibt Großkreutz ohne Einsatz, gerät sportlich aus dem Blickfeld. Und als Löw hört, dass Großkreutz bei Galatasaray Istanbul - wo er wegen eines Formfehler des Vereins nur trainieren und nicht spielen darf - an den Wochenenden stets nach Hause flog, mustert er ihn mit den öffentlichen Worten „Das macht man nicht“ endgültig aus.
Kruse droht nun das EM-Aus. „Die Europameisterschaft im Sommer wirft ihre Schatten voraus, dort haben wir mit der Nationalmannschaft große Ziele. Wir brauchen Spieler, die fokussiert und konzentriert und sich auch ihrer Vorbildrolle bewusst sind“, sagte Löw weiter.
Schon vor einer Woche hatte die „Bild“ über einen angeblich hohen Bargeldverlust von Kruse in einem Berliner Taxi berichtet. Auch dies wurde vom Club sanktioniert und stieß auch Löw übel auf.
„Schon vergangene Woche habe ich Max Kruse klar gesagt, was ich von ihm erwarte, sowohl auf als auch neben dem Platz. Ich möchte Spieler, die sich auf den Fußball und die EM konzentrieren, auch zwischen den Spielen“, meinte der Bundestrainer.
Allofs attestierte dem Stürmer, „von einem Fettnäpfchen ins nächste“ zu stapfen: „Er deutet die Warnsignale einfach nicht richtig. Da muss es ein grundlegenden Wandel in seiner Wahrnehmung geben und in der Art und Weise, wie er seinen Beruf ausübt.“
Für Allofs kommen die Vorkommnisse mit Kruse auch angesichts der sportlichen Situation zur Unzeit. Vizemeister und Pokalsieger Wolfsburg ist aktuell nur Achter und läuft seinen Zielen in der Bundesliga hinterher.