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Bundesliga-Ausblick Bundesliga 2018/19: Neue Gesichter, neuer Ball, alter Favorit

Von Christian Krämer 24.08.2018, 10:14
Dortmunds Neuzugang Axel Witsel
Dortmunds Neuzugang Axel Witsel dpa

Köln - Um 20.30 Uhr am Freitagabend startet die Fußball-Bundesliga in ihre 56. Saison, der FC Bayern München empfängt 1899 Hoffenheim (live im ZDF und Eurosport Player). Nach dem DFB-Debakel in Russland richtet sich der Blick auf Deutschlands Fußball-Eliteklasse. Kann die Bundesliga den durch sportlichen Misserfolg und Rassismus-Vorwürfe ramponierten Ruf des deutschen Fußballs aufpolieren? Und gibt es einen ernstzunehmenden Kontrahenten für den FC Bayern? Wer sind die kommenden Superstars? Ein Ausblick auf die Saison und ihre Protagonisten.

Die Bundesliga nach der WM

Am Dienstag gab es in der DFL-Zentrale in Frankfurt ein Treffen zwischen Klub-Managern, DFB-Präsident Reinhard Grindel und der sportlichen Führung der Nationalmannschaft, Bundestrainer Joachim Löw und Manager Oliver Bierhoff. Die Liga sprach der DFB-Führung trotz WM-Debakels und fürchterlichen Krisenmanagements in der Erdogan-Affäre von Ex-Nationalspieler Mesut Özil das Vertrauen aus. Doch es dürfte nur ein Burgfrieden sein. Denn sollte die DFB-Elf den Nations-League-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich (6. September in München) in den Sand setzen oder in Folge der chaotischen WM-Nachbereitung die EM 2024 an die Türkei verlieren (Vergabe am 27. September in Nyon), dürfte die Debatte um die von der DFL geforderte Professionalisierung des DFB neu entfacht werden.

Der FC Bayern München

München geht als großer Meisterschaftsfavorit in die Saison. Für 1 Euro Einsatz gibt es bei Wettanbietern nur 1,14 Euro zurück, wenn der FC Bayern den Titel erfolgreich verteidigen sollte. Das wäre aber immerhin mehr, als was die Münchener bislang auf dem Transfermarkt ausgegeben haben – nämlich keinen Cent. Leon Goretzka kam ablösefrei aus Schalke, Renato Sanches (Swansea City) und Serge Gnabry (Hoffenheim) kehrten nach Ausleihgeschäften zurück. Ein Zeichen für Überheblichkeit? Immerhin wurden die Bayern seit 2013 immer mit zweistelligem Punktevorsprung Meister. Präsident Hoeneß kommentierte die Transferpolitik kürzlich: „Wir sammeln im Moment ein bisschen Geld ein für den Fall, dass wir nächstes Jahr mehr einkaufen müssen.“ Dieser große Umbruch muss bald kommen. Gerade Arjen Robben (34) und Franck Ribéry (35) werden ihren Gegenspielern nicht mehr lange so haushoch überlegen sein wie in den vergangenen Jahren. Für die kommende Saison wird es allerdings noch reichen. Tendenz: Meister – zum dann siebten Mal in Folge.

Die Verfolger des FC Bayern

Das Rennen um Platz zwei ist offen wie selten zuvor. Vizemeister Schalke 04 dürfte es nach den Abgängen von Goretzka (Bayern), Max Meyer (Crystal Palace, ablösefrei) und Thilo Kehrer (Paris, 37 Millionen Euro) schwer haben, seine Position zu verteidigen, auch wenn es in Domenico Tedesco endlich einmal Kontinuität auf der Trainerposition gibt, sein Vertrag wurde bis 2022 verlängert. Tendenz: Europa League.

1899 Hoffenheim will, angetrieben vom scheidenden Trainer Julian Nagelsmann, die herausragende letzte Saison mit spektakulärem Offensivfußball bestätigen. Die von Gnabry und Mark Uth (Schalke, ablösefrei) hinterlassenen Lücken sollen von Leonardo Bittencourt (Köln, 6 Millionen Euro), Vincenzo Grifo (Gladbach, 5,5 Millionen Euro) und Rückkehrer Joelinton (zuletzt an Rapid Wien verliehen) geschlossen werden. Der Brasilianer konnte im Pokal beim 6:1 in Kaiserslautern bereits mit drei Toren glänzen. Fraglich ist allerdings, ob Hoffenheims Kader für die Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Champions League breit genug ist. Tendenz: Europa League.

Bei Borussia Dortmund scheint die Zufriedenheit mit dem neuen Trainer Lucien Favre groß. Der detailversessene Schweizer soll Offensive und Defensive des BVB wieder ins Gleichgewicht bringen. Dafür wurde ihm mit Thomas Delaney (Bremen, 20 Millionen Euro) und Axel Witsel (TJ Quanjian, 20 Millionen Euro) das Mittelfeldzentrum neu besetzt, der beachtliche 28 Millionen Euro teure Abdou Diallo (Mainz) soll der seit Jahren wackligen Innenverteidigung Stabilität verleihen. Händeringend gesucht wird noch ein Mittelstürmer. Sollte der BVB nicht fündig werden, wäre es ein großes Handicap im Kampf um die Königsklasse. Tendenz: Champions League.

Hoffenheim-Trainer Nagelsmann hat Bayer 04 Leverkusen als Favoriten auf die Meisterschaft genannt. Ganz so forsch äußert man sich bei der Werkself zwar nicht, aber die Champions League ist der klare Anspruch. Der Abgang von Bernd Leno (FC Arsenal, 25 Millionen Euro) wurde durch Lukas Hradecky (Frankfurt, ablösefrei) kompensiert, dazu kamen Mitchell Weiser (Hertha, 12,5 Millionen Euro) und das brasilianische Supertalent Paulinho (Vasco da Gama, 18,5 Millionen Euro). Grundlage für das wahrscheinlich gute Abschneiden in der neuen Saison ist aber, dass die jungen Stammkräfte Jonathan Tah, Julian Brandt, Kevin Volland, Kai Havertz und Leon Bailey allesamt gehalten werden konnten. Tendenz: Champions League.

RB Leipzig musste hingegen seinen Taktgeber ziehen lassen, Naby Keita wechselte für 60 Millionen Euro zum FC Liverpool von Trainer Jürgen Klopp. Der Transfer von Sebastian Rudy (FC Bayern) kam nicht zustande. Immerhin gab es in diesem Sommer kein verschärftes Wechseltheater um Emil Forsberg, auch Nationalstürmer Timo Werner hielt die Füße still. Tendenz: Champions League.

Das Überraschungsteam

Nur um zwei Punkte verpasste der VfB Stuttgart in der vergangenen Saison nach einer grandiosen Rückserie unter Trainer Tayfun Korkut die Europa League – von 14 Bundesligaspielen verlor er nur eines. Im Sommer rüstete der VfB sein Team mit den Routiniers Gonzalo Castro (Dortmund, 5 Millionen Euro) und Daniel Didavi (Wolfsburg, 4 Millionen Euro) nach, dazu den jeweils 20 Jahre alten Borna Bosa (Zagreb, 6 Millionen Euro), Nicólas González (Argentinos, 8,5 Millionen Euro) und Pablo Maffeo (ManCity, 9 Millionen Euro). Im Ergebnis ist der VfB ein vielversprechender Mix aus Talent und Erfahrung. Tendenz: Europa League, wenn ein Topteam schwächelt. 

Die Abstiegskandidaten

Marius Wolf (Dortmund, 5 Millionen Euro), Omar Mascarell (Real Madrid, 5 Millionen Euro), Kevin-Prince Boateng (Sassuolo, ablösefrei) und Hradecky, dazu Trainer Niko Kovac (FC Bayern) – der Aderlass bei Eintracht Frankfurt ist enorm. Neu-Coach Adi Hütter muss aus den Resten der Pokalsieger-Elf etwas Neues formen. Geld scheint vorhanden, Abnehmer, die im Gegenzug Fußballer nach Frankfurt abgeben, hingegen nicht. Die bisherige Bilanz: 0:5-Klatsche im Supercup gegen München, Pokal-Blamage gegen Ulm. Tendenz: Abstieg.

Auch für die beiden Aufsteiger 1. FC Nürnberg und Fortuna Düsseldorf dürfte der Klassenverbleib eine gewaltige Herausforderung werden. Der Club geht mit einem praktisch unveränderten Kader in die Erstliga-Saison, Düsseldorf hat mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. Tendenz: Düsseldorf geht in die Relegation, Nürnberg steigt ab.

Die neuen Gesichter der Bundesliga

Einen neuen Superstar im eigentlichen Sinn gibt es nicht. In Axel Witsel hat der BVB den 20-Millionen-Euro-Zugang mit dem bekanntesten Namen auf internationaler Bühne. Der Belgier spielte zwar zuletzt eineinhalb Jahre in China und davor lange in Russland, doch bei der WM konnte Witsel seine Klasse unter Beweis stellen. Beim Debüt für Dortmund im Pokal gegen Fürth übernahm der 29-Jährige auf Anhieb eine Führungsrolle und rettete den BVB in die Verlängerung. Witsels Frisur hat zudem Kult-Potenzial.

13,5 Millionen Euro Ablöse zahlte Werder Bremen für Davy Klaassen an den FC Everton – Vereinsrekord. Der Niederländer sieht zwar deutlich älter aus, ist aber erst 25. Klaassen soll im Bremer Mittelfeld den Takt vorgeben und den zum BVB gewechselten Delaney ersetzen. „Es ist immer hart, wenn der ganze Druck auf einem Spieler liegt. Es sei denn, du bist Messi, aber der bin ich nicht.“

Auch Borussia Mönchengladbach knackte den Transferrekord im Sommer: Stürmer Alassane Plea kam für 23 Millionen Euro aus Nizza. Der 25 Jahre alte Franzose stolperte zwar durch die Vorbereitung und blieb torlos, traf beim 11:1-Sieg im Pokal gegen Hastedt aber dreimal. „Er ist ein Strafraumspieler, er ist im Sechzehner brandgefährlich“, lobte Trainer Dieter Hecking. Sollte Plea noch etwas an seiner Fitness arbeiten, ist er mit Sicherheit ein Gewinn für Gladbach.

Kommende Stars

Als Weltmeister sprengt Stuttgarts Benjamin Pavard diese Kategorie wahrscheinlich. Doch der Aufstieg des 22-Jährigen ist noch längst nicht am Ende. Einer guten Bundesliga-Saison ließ Pavard eine herausragende WM mit Frankreich folgen. Ein Wechsel des gleichermaßen zweikampf- und offensivstarken Außenverteidigers zu einem Spitzenklub ist nur noch eine Frage der Zeit. Er soll beim FC Bayern im Wort stehen, die Ablöse beträgt mindestens 35 Millionen Euro.

Nicht im Ansatz so weit ist Paulinho, das gerade 18 Jahre alt gewordene brasilianische Offensivtalent. Mit seinen körperlichen Voraussetzungen stellt er fast alle gleichaltrigen Fußballer in den Schatten. Dazu hat der Angreifer – im Gegensatz zu vielen anderen jungen Brasilianern – ein geerdetes Umfeld, das nicht vorrangig versucht, möglichst viel Profit aus dem Talent des Teenagers zu schlagen. Paulinho ist schnell, dribbelstark und sucht den direkten Weg zum Tor. Weil sein Ex-Klub Vasco da Gama in finanziellen Schwierigkeiten steckte, war Paulinho mit 18,5 Millionen Euro ein Schnäppchen für Bayer 04.

Neuer Ball und neue Regeln

Die „Torfabrik“ hat ausgedient. Derbystar löst Adidas als Lieferant des Spielballs ab. Die Zusammenarbeit ist auf vier Spielzeiten angelegt. Der Adidas-Ball „Torfabrik“ war 2010 eingeführt worden und seinerzeit der erste einheitliche Spielball für beide Bundesligen.

Bei der WM geprobt und für gut befunden: Die Videoassistenten können ab sofort auf kalibrierte Abseitslinien zurückgreifen, die eine Entscheidungsfindung deutlich beschleunigen und vereinfachen sollen. Zudem werden die Zuschauer im Stadion über die Videoleinwände mit Textbausteinen über den Einsatz des Videobeweises informiert.