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Formel 1 Formel 1: Mildes Reifenurteil für Mercedes

Von Thomas Weitekamp 21.06.2013, 14:20
„Dieses Urteil akzeptieren wir“, sagte Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda.
„Dieses Urteil akzeptieren wir“, sagte Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda. dpa/Archiv Lizenz

Paris/Köln/sid - Viel Lärm um nichts: Der Formel-1-Rennstall Mercedes ist in der Reifen-Affäre mit einem blauen Auge davongekommen. Nach wochenlangen Spekulationen über harte Strafen für die umstrittenen Reifentests mit Pirelli wurde Mercedes lediglich mit einer Verwarnung und dem Ausschluss aus dem Young Driver Test im Juli belegt. Das teilte das Internationale Tribunal des Automobil-Weltverbandes FIA am Freitag mit. Auch Pirelli wurde lediglich verwarnt.

„Dieses Urteil akzeptieren wir“, sagte Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda bei Bild.de: „Wir werden dagegen nicht in Berufung gehen, das war auch nie der Plan. Die Entscheidung der Fia ist absolut korrekt und im Sinne des Motorsports. Die Vorwürfe gegen uns wurden nicht bestraft, das ist festzuhalten.“ Das Gericht sah keine „böse Absicht“ bei Mercedes und wolle „soweit möglich den anderen Teams eine ähnliche Position ermöglichen, die Mercedes sich durch den Regelbruch verschafft hat“, heißt es in der Urteilsbegründung. Mercedes und Pirelli hatten vom 15. bis 17. Mai mit den aktuellen Boliden in Barcelona Reifen für den Einheitshersteller getestet. Die sportlichen Regularien verbieten den Teams Tests während der Saison. Die FIA teilte nun mit, in Zukunft ein schärferes Auge auf solche Fahrten haben zu wollen. Als strafmildernd wurde bewertet, dass Mercedes eine Aussage von FIA-Renndirektor Charlie Whiting als „qualifizierte Erlaubnis missverstanden“ habe.

Das Werksteam hatte Whiting telefonisch kontaktiert. „Wir haben ihn zweimal angerufen. Er hat zugestimmt“, hatte Mercedes-Anwalt Paul Harris in seinem Schlussplädoyer gesagt. Gegen das Urteil kann binnen sieben Tagen Revision vor dem Internationalen Berufungsgericht eingelegt werden - bei den Silberpfeilen besteht dazu kein Anlass. Der Ausschluss aus dem Young Driver Test (17. bis 19. Juli in Silverstone) für Nachwuchsfahrer ist exakt die Strafe, die Harris in seinem Schlussplädoyer als angemessen erachtet hatte. Die Konkurrenten sind mit der Entscheidung nicht zufrieden. „Immerhin ist es eine Bestrafung“, sagte Motorsportberater Helmut Marko von Sebastian Vettels Rennstall Red Bull: „Aber das ist nicht das Urteil, was wir erwartet haben. Wir hatten mit einer weitaus schärferen Strafe gerechnet.“

Schon vor dem Urteil hatte Sebastian Vettels Red-Bull-Teamchef Christian Horner bei Sky Sports gesagt: „Sie sind ihre Nachwuchsfahrer-Tests sowieso eher mit Senioren gefahren. Dort verbannt zu werden, ist keine besondere Strafe.“ Auch die FIA-Ankläger hatten in den Tests in mehrfacher Hinsicht ein Vergehen gesehen. So warf FIA-Anwalt Mark Howard den Silberpfeilen nicht nur einen Verstoß gegen das Testverbot mit aktuellen Autos vor. Durch die „Durchführung der Tests ohne das Wissen anderer Wettbewerber“ könne die Aktion auch unter Artikel 151c des International Sporting Codes der FIA fallen. Dieser stellt „jedes betrügerische Verhalten oder jede Aktion, die dem Interesse des Wettbewerbs schadet“ unter Strafe.

Mercedes baute dagegen vor allem auf seine angeblich passive Rolle als „Dienstleister“. Es sei ein Pirelli-Test gewesen, damit habe Mercedes das Testverbot nicht gebrochen. „Ich wüsste nicht, wie wir die Daten in Zukunft nutzen sollten“, sagte Teamchef Ross Brawn zudem. Die FIA wies allerdings streng zurück, dass Whitings Antwort eine Erlaubnis war - zumal er nicht in einer entsprechenden Position sei. Die missverständlichen Aussagen Whitings, der seit 1997 im Amt ist, könnten dennoch zu einem Nachspiel führen. Schon vor dem Prozess war über die Absetzung des Renndirektors spekuliert worden. Bis zuletzt blieb die Reifen-Affäre auch ein Kampf zwischen den Rennställen.

Vettels Team hatte Mercedes vor dem Prozess zusätzlich belastet, indem es der FIA Analysen zu möglichen Erkenntnissen aus dem 1000-km-Test geschickt hatte. Ein offizieller Protest von Red Bull und Ferrari im Mai hatte das Verfahren erst möglich gemacht, die Konkurrenten sahen einen klaren Wettberwerbsvorteil. Und im Laufe der Anhörung griffen die Mercedes-Vertreter immer wieder auch Ferrari an. Die Scuderia hatte in den vergangenen Jahren ähnliche Testfahrten absolviert, vor Gericht standen aber nur die Silberpfeile - hier werde mit zweierlei Maß gemessen. Gerichtspräsident Edwin Glasgow mahnte aber wiederholt, Ferrari sei im vorliegenden Fall nicht relevant. Zudem hatten die Italiener Autos verwendet, die, wie im Reglement gefordert, jeweils mindestens zwei Jahre alt waren.