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Drei Medaillen in Pyeongchang Drei Medaillen in Pyeongchang: Wie Sachsen-Anhalt den Olympia-Rückenwind nutzen will

Von Christian Elsaeßer 28.02.2018, 09:28
Sachsen-Anhalts LSB-Chef Andreas Silbersack mit Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und DOSB-Chef Alfons Hörmann (v.l.) in Pyeongchang
Sachsen-Anhalts LSB-Chef Andreas Silbersack mit Eisschnellläuferin Claudia Pechstein und DOSB-Chef Alfons Hörmann (v.l.) in Pyeongchang Privat

Halle (Saale) - Die Auswirkungen der Reise sind unverkennbar. Immer noch. Andreas Silbersack muss dieser Tage mächtig kämpfen mit den Stimmbändern. Der Hals ist rau, die Stimme kratzig. „Das sind noch die Folgen des Eishockey-Halbfinals gegen Kanada“, erzählt der Präsident des Landessportbundes. Der 50-Jährige hatte die vergangene Woche in Pyeongchang verbracht, als Teil der deutschen Delegation, als Teil von „Team-D“. Lautstarkes Anfeuern der deutschen Kufen-Helden war da selbstverständlich.

Pyeongchang hat tiefen Eindruck hinterlassen beim LSB-Chef. „Die Tage waren wie ein einziger Flash“, erzählt Silbersack. „Es war wahnsinnig gute Stimmung im Team, eine unglaublich herzliche Atmosphäre. Und ich glaube, ich habe in einer Woche alle Menschen kennengelernt, die im Wintersport aktiv sind.“

Doppel-Gold für SV Halle durch Thorsten Margis

Es waren fraglos erfolgreiche Spiele in Südkorea. Für das gesamte deutsche Team - 31 Medaillen, 14 Mal in Gold. Aber nicht weniger für die Starter aus Sachsen-Anhalt - zweimal Gold für Bob-Anschieber Thorsten Margis und einmal Bronze für Doppelsitzer-Rodler Toni Eggert. „Das ist ein phänomenales Ergebnis“, meint Silbersack. „Bronze im Rodeln - das ist einfach riesig. Und die Goldmedaillen treiben die Sache an die Decke.“

Es sind drei Medaille, die Andreas Silbersack auch ein Stück weit als strukturellen Erfolg verbuchen kann. Sachsen-Anhalt ist eigentlich kein klassisches Wintersportland wie Bayern oder Thüringen. Doch der LSB hatte beizeiten entschieden, zumindest Bob, Rodeln und dem Eissport als Fördersportarten eine Heimat zu bieten. In diesem Zug entstand in Magdeburg der Mitteldeutsche SC, in dem sich viele Bob-Anschieber tummeln. Und in diesem Zug erweiterte der SV Halle seine Leichtathletik-Abteilung um den Bereich Bob. Nur deshalb konnte Thorsten Margis gleich zweimal Gold für SVH einfahren.

„Gerade diese Verbindung zwischen Bob und Leichtathletik hat sich jetzt als absolut richtiger Schachzug erwiesen“, urteilt der LSB-Chef. Und er sieht darin auch eine übergeordnete sportpolitische Botschaft. Thorsten Margis trainiert in Halle ja mit Zehnkampf-Vizeweltmeister Rico Freimuth und Hürden-Europameisterin Cindy Roleder. Bob und Leichtathletik als gemeinsame Medaillenschmiede? „Diese Trainingsgruppe unter Trainer Wolfgang Kühne zeigt doch genau die Flexibilität, die wir uns immer wünschen im deutschen Sport. Ich glaube, dass wir da dranbleiben müssen, solche individuellen Lösungen zu finden.“

Gibt es bald eine Freestyle-Schanze im Harz?

Denn klar ist auch: Die wintersportlichen Möglichkeiten für das Bundesland werden auch in Zukunft begrenzt bleiben. Nichtsdestotrotz: Das Thema Wintersport für das Bundesland hat Andreas Silbersack nach seiner Südkorea-Reise mehr denn je auf der Agenda. „Wir müssen realistisch einschätzen: Was geht? Was geht nicht? Was können wir bieten? Es gibt vier Bob- und Rodelbahnen in Deutschland - und wir alle wissen, dass keine fünfte dazukommen wird“, sagt er. „Aber man sollte vielleicht die Frage erörtern, ob es möglich ist, eine Trendsportart hier bei uns aufzubauen. Ski-Freestyle oder Snowboard, das waren die Sportarten, die in Pyeongchang für Riesen-Stimmung gesorgt haben. Das waren große Events.“

Und es sind die Sportarten, für die es in Deutschland im Grunde überhaupt keine Infrastruktur gibt. Eine Halfpipe existiert in der ganzen Republik nicht. Silbersack sagt: „Ich könnte mir zum Beispiel durchaus vorstellen, ein Big-Air-Anlage im Land zu betreiben.“ Also eine Sprungschanze, die sowohl von Snowboardern als auch von Freestyle-Skifahrern für hohe und spektakuläre Flüge genutzt wird. Gerade im Harz wäre so etwas problemlos denkbar.

Sachsen-Anhalt hat eine starke Stimme

Das alles geht freilich noch nicht über die bloße Idee hinaus. Ernstzunehmende Planspiele gibt es bisher nur dergestalt, dass der Deutsche Ski-Verband diese Trendsportarten nun systematisch aufbauen will. Warum also nicht als Bundesland Sachsen-Anhalt seinen Hut in den Ring werfen, um Strukturen neu zu schaffen?

Die Stimmung im deutschen Wintersport lässt nach den erfolgreichsten Winterspielen aller Zeiten alle Gedankenspiele zu. Und: Die Stimme, die Sachsen-Anhalt in der deutschen Sportpolitik inzwischen hat, ist dank Andreas Silbersack und nicht zuletzt dank dessen Freundschaft zu DOSB-Präsident Alfons Hörmann so laut wie noch nie. Daran können auch die Auswirkungen des Eishockey-Halbfinale gegen Kanada nur kurzzeitig etwas ändern. (mz)