Doping-Skandal Doping-Skandal: Ex-Sprinter Ommer sieht Bolt in die Verantwortung

Köln/SID. - Doping, Doping und kein Ende: Die am Montag veröffentlichte Studie zu Manipulationen im deutschen Sport sorgt weiterhin für hitzige Debatten. Während Athletensprecher Christian Breuer und Sportarzt Wildor Hollmann Methodik und medizinischen Wert der Studie in Frage stellten, sprach der frühere Weltklasseläufer Franz-Josef Kemper von schlimmeren Doping-Dimensionen in Westdeutschland als in der DDR. Und der einstige Sprinter und geständige Doper Manfred Ommer keilte gar gegen Usain Bolt aus.
„Der verarscht doch die Leute“, sagte Ommer im Gespräch mit dem SID über Jamaikas Superstar und machte ihn indirekt für mögliches Doping in Deutschland verantwortlich: „Die deutschen Sprinter, die laufen sich warm, die machen Gymnastik, und der kommt in Badelatschen ins Stadion, guckt ein bisschen blöd in der Gegend rum, dann zieht der seine Spikes an und läuft im Vorlauf mal locker 9,8. Das ist doch Verarsche. Dann kann es passieren, dass der deutsche Athlet irgendwann auch sagt: Pass mal auf, wenn ich deine Pillen hätte, wäre ich auch so schnell.“ Ommer selbst habe mit Doping angefangen, um im Vergleich mit ostdeutschen Sprintern mitzuhalten: „Bei meinem ersten Länderkampf, der EM 1971 in Helsinki, saßen wir auf der Tribüne, und wir konnten das Scheißlied nicht mehr hören, das war die Hymne der DDR. Dann gehst du zu deinem Arzt und sagst: Warum haben wir nicht die Pillen?“
Der frühere 800-m-Europarekordler Kemper sprach derweil von einer Reichweite der Manipulationen, die selbst jene in der DDR übertraf: „1976 und 1980 war es im Westen schlimmer als im Osten, weil es kleinzellenhaft, aber nicht so kontrolliert passierte“, sagte Kemper dem Radiosender Sport1.fm: „In den 60ern, Anfang der 70er war viel Naivität und Unwissen dabei, aber was dann 1976 in Montreal passiert ist und 1980 und 1984, da hatte der Westen in vielen Belangen zur DDR aufgeschlossen.“ Besonders scharf ging Kemper den früheren Frauen-Cheftrainer Wolfgang Thiele an: „Was Wolfgang Thiele mit den Sprinterinnen in Hamm gemacht hat, war für mich ein Verbrechen. 'Der läuft heute noch frei rum' kann man so nicht sagen, aber er hatte noch viele Funktionen im Sport - das ist schlimm!“ Thiele war als Bundestrainer unter anderem für die im März im Alter von nur 49 Jahren verstorbene frühere Hallen-Weltmeisterin Helga Arendt sowie andere Topsprinterinnen wie Olympiasiegerin Annegret Richter und Ulrike Savari verantwortlich. Thiele starb 2011.
Sportmediziner Hollmann wies derweil die in der Studie „Doping in Deutschland seit 1950 bis heute“ gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. Der frühere Arzt der Hockey- und Fußball-Nationalmannschaft bestritt, in den Siebziger und Achtziger Jahren Dopingforschung betrieben zu haben. „Die Dopingfahnder haben keine Ahnung von Medizin. Sie haben den großen Fehler gemacht, alle Forschung mit Doping zu betiteln, die mit Leistung zu tun hat. Ohne unsere leistungsbezogenen Studien gäbe es heute keine Präventivmedizin, keine Reha-Zentren“, sagte der Mediziner dem Handelsblatt (Freitagausgabe). Athletensprecher Breuer kritisierte hingegen die handwerkliche Arbeit der Berliner Forscher. Zwar sei es richtig gewesen, eine solche Studie in Auftrag zu geben, um die deutsche Doping-Vergangenheit aufzuarbeiten. Zum anderen aber habe die Methodik einiger Wissenschaftler nicht immer zu mehr Klarheit beigetragen, sagte Breuer dem SID „Gespräche mit Zeitzeugen sorgen sicherlich dafür, dass die Ergebnisse sehr authentisch wirken. Doch es kommen eben auch zum Teil Leute aus der Deckung, die ohne Fakten einen Generalverdacht äußern. So etwas mag ich nicht, und das ist bei diesem wichtigen Thema nicht angemessen“, sagte der frühere Eisschnellläufer. Befragte Zeitzeugen, die hingegen ausgewogen argumentierten, seien ein Gewinn für die Studie, meinte der Vorsitzender der Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
