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Alina Hartmann bei den SV Halle Lions Alina Hartmann bei den SV Halle Lions: Nach dem Grusel-Abenteuer

Von Christoph Karpe 26.09.2015, 09:31
Alina Hartmann und ihr neuer Trainer René Spandauw
Alina Hartmann und ihr neuer Trainer René Spandauw Schulz Lizenz

Halle (Saale) - 528 Kilometer, so verrät es der Routenplaner, sind es von Halle nach Keltern. Kein Pappenstil. „Da werden wir gut fünf Stunden brauchen“, sagt Trainer René Spandauw. Samstagmittag startet der Bus mit den SV Halle Lions zum ersten Saisonspiel der Basketball-Bundesliga ins Badische. „Und früh um Fünf sind wir dann zurück - und gehen gemeinsam zum Bäcker“, so der Coach. „Das wird nicht einfach für die Spielerinnen. Für die US-Girls sind so kurzfristige Anreisen völlig ungewohnt. Mal sehen, wie die es verkraften.“ Ein wenig bange ist dem Mann schon vor der Reise-Tortur.

Während Spandauw seine Bedenken formuliert, sitzt Alina Hartmann daneben und nickt. Die 19-Jährige kennt das Prozedere zwar aus ihrer Zeit als Bundesliga-Spielerin in Bamberg, aber im letzten Jahr als Studentin an der Universität von Colorado in Boulder nahe Denver hießen ihre Reise-Ziele Los Angeles oder Seattle. Da wurde geflogen, natürlich einen Tag früher und entspannt am Spielort genächtigt. So ist es üblich im US-College-Basketball.

Das große Ziel: USA

Dahin wollte sie 2014 nach dem Abitur unbedingt. Alina Hartmann ist neugierig auf die Welt, die sie schon durch ihre Eltern, Asien-Fans, in Teilen kennengelernt hat. Die Chance, in den USA ihr Studium „Internationale Beziehungen“ mit Basketball zu finanzieren, mochte sie sich also nicht entgehen lassen. Trotz eines Angebots von Spandauw und dessen damaligem Klub Saarlouis. Sie sagte ihm ab. In der Ferne ihr Glück zu probieren, gegen diesen Traum konnte niemand an.

Es wurde ein Albtraum. „Dort wurden wir für Fehlleistungen, etwa Ballverluste, bestraft mit knallharten Liniensprints. 20 Turnover gleich 20 Sprints - bis man völlig kaputt war - so sah meist das erste Training nach einem Spiel aus“, erzählt Alina Hartmann. „Und ich war oft die Leidtragende. Ich hatte nur Einsatzzeiten von etwa zwei Minuten pro Spiel. Das hat mich schon geärgert. Aber es wurde auf die Etablierten gesetzt - und deren Fehler musste ich mit ausbaden.“

Nicht nur ihre triste sportliche Situation zermürbte sie langsam. Dazu bestraften die Coaches nämlich auch schlechte Noten an der Uni mit Sondereinheiten. Hinzu kam, dass das Leben auf dem Campus einer Kasernierung gleichkam. „Die Trainer haben all unsere Schritte überwacht und auch kontrolliert, wann wir im Bett waren.“ 22 Uhr hieß es Zapfenstreich.

Im Sommer hatte Alina Hartmann dann die Nase voll von dem gruseligen Abenteuer. Sie spielte die EM mit der deutschen U-20-Auswahl, das Klima gefiel ihr. Sie begann sich nach einer Alternative umzuschauen. Von Lions-Spielerin Noémie Rouault, ebenfalls in der U 20 dabei, erfuhr sie, dass es sich in Halle durchaus aushalten lässt. Clever hatte zudem Cornelia Demuth im Trainingslager der Auswahl um sie geworben. Die Lions-Managerin war einfach hingefahren. Dass René Spandauw Lions-Coach wurde, tat ein Übriges, Alina Hartmann zu überzeugen. „Den kannte ich zwar nur aus den Spielen mit Bamberg gegen Saarlouis. Aber der hat verrückte Sachen gemacht, auch mal taktische Anweisungen gegeben, indem er nur Farbkarten hochhielt“, erinnert sie sich lachend. Unter diesem so schrägen, aber wie fachlich unumstrittenen Holländer-Unikum wollte sie unbedingt trainieren.

„Machen, einfach machen“

Dann ging alles schnell - und René Spandauw erzählt eine seiner Lieblingsepisoden des Sommers. „Ich hatte gerade meinen Vertrag bei den Lions unterschrieben, stand auf einem Bahnsteig auf dem halleschen Bahnhof, hatte ein Bein schon im ICE, der gerade losfahren wollte. Dann kam Cornelia Demuth winkend angehetzt und rief: ,Wir können Alina Hartmann kriegen!‘ Ich habe ihr nur gesagt: ,Machen, einfach machen‘“.

Denn Alina Hartmann gilt als ein echtes Juwel im deutschen Damen-Basketball. Mit 16 spielte sie Bundesliga, debütierte mit 17 in der A-Auswahl. „Sie kann alles“, schwärmt Spandauw und ist fest überzeugt: „Sie wird einmal eine Stütze der Nationalmannschaft.“

Zunächst einmal eine der Lions, für die sie sich auch entschied, weil sie an der halleschen Uni nun ein Jura-Studium beginnen kann. „Es passt einfach“, sagt Alina Hartmann und bezieht das ebenso auf die Mannschaft. Mit Laura Hebecker bewohnt sie eine WG, „wir kommen prima miteinander aus“.

Was auch für das gesamte Team gilt: „Das Klima stimmt.“ Nun sollen Erfolge her, egal, ob vor Spielen zermürbende Bustouren liegen. (mz)