Christian Beck 1.FC Magdeburg gegen Rot-Weiß Erfurt: Christian Beck über seine Heimatstadt
Magdeburg - Blitzschnell schob Christian Beck den Stuhl im Presseraum beiseite. Der Stürmer des 1. FC Magdeburg wollte nach seinem Interview endlich raus auf den Platz. Athletik-Trainer Dirk Keller, Spitzname „Kellogs“, hatte eine halbe Stunde lang im Hintergrund gewartet, geduldig an seinem Kaffee genippt, keinen Ton gesagt. Nun war Beck bereit. „Komm schon Kellogs“, flachste der Top-Torjäger des Drittligisten. „Bist du endlich fertig?“, fragte er und rannte voraus.
Die witzige Szene am Donnerstagmittag veranschaulichte, was Christian Beck so abstrakt immer wieder betont: „Ich fühle mich pudelwohl beim FCM. Die Fans und der Trainer stehen hinter mir. Das brauche ich, das stärkt mich.“ Das ist eine Zutat im Geheimrezept des mit sieben Toren in zehn Partien derzeit besten Drittliga-Torjägers. Doch es gibt noch eine weitere: „Erfurt“, sagt Beck, „ist mein Rückzugsort. Dort sammele ich Kraft, um in Magdeburg Vollgas geben zu können.“
Zu schüchtern für den FC RWE
Es lässt sich leicht behaupten, dass Rot-Weiß Erfurts Bosse den FCM-Torjäger viel lieber in den eigenen Reihen sehen würden. Gerade am kommenden Sonnabend, wenn die Magdeburger bei den Thüringern gastieren.
Denn als Christian Beck damals beim Borntaler SV, einem Erfurter Stadtteilklub, als Torwart mit dem Kicken begann, vier Jahre war er alt, träumte er von einer Zukunft im rot-weißen Dress. Beim besten Klub seiner Heimatstadt. „Das war eine sehr schöne Zeit. Da konntest du einfach vor den Ball treten, ganz unbeschwert. Später hat sich das geändert.“
Beck, heute 1,96 Meter groß und schon damals immer einer der längsten in den Jugendmannschaften, wechselte tatsächlich zu RWE, wurde dort zehn Jahre lang ausgebildet, war auf dem Sprung zu den Profis. Doch bei denen schossen damals große Namen die Tore: Dominick Kumbela und Albert Bunjaku, zwei spätere Bundesliga-Profis.
„Ich war gerade 18 Jahre alt und hatte solche Spieler vor mir“, erinnert sich der heute 28-Jährige. „Da habe ich lieber die Klappe gehalten, war nicht sehr selbstbewusst.“ Ein Fehler im Nachhinein? „Vielleicht hätte ich mehr aus mir rauskommen müssen, und es hätte geklappt“, meint Beck, aber: „Wer weiß, wie sich dann alles entwickelt hätte?“
Thüringer Klöße von Oma
So landete Beck über den Halleschen FC, den Torgelower SV und Germania Halberstadt 2013 beim 1. FC Magdeburg. 79 Tore hat der Mittelstürmer in 132 Partien für Blau-Weiß erzielt. Eine Wahnsinns-Quote.
Doch wie macht er das, dieser Mann, der oft das ganze Spiel abtaucht, im entscheidenden Moment aber goldrichtig steht? „Das ist mein Torriecher“, sagt Beck. „Den habe ich nur, weil mein Kopf klar ist. Je wohler ich mich im Verein, im Umfeld fühle, desto einfacher ist das Toreschießen.“
Die besten Torschützen der FCM-Historie
Auch die regelmäßigen Heimatbesuche in Erfurt helfen dabei. Mindestens alle zwei Wochen nimmt der Fußballprofi den 170 Kilometer langen Weg auf sich, um seine Familie zu besuchen. Auch seine Freundin lebt in Thüringens Landeshauptstadt. Und wenn Oma zum Essen lädt, gibt es Thüringer Klöße. Selbst gemacht versteht sich.
„Da möchte ich auch unter keinen Umständen drauf verzichten“, erklärt Beck lächelnd und beinahe ohne Thüringer Dialekt. „Ja, auch was die Aussprache angeht, habe ich mich stark gebessert“, scherzt er. „Aber manchmal kommt der Erfurter in mir doch noch raus.“
"Ich werde Erfurt immer dankbar sein"
RWE-Topstürmer Carsten Kammlott kennt Beck noch aus gemeinsamen Jugendzeiten, auch zu Ronny Hebestreit, Erfurter Sturmlegende und heute Co-Trainer des Drittligisten, hat er noch guten Kontakt. Beide kickten in der Saison 2008/2009 für den Halleschen FC. „Früher war er mein Vorbild“, erklärt Beck. „Auch groß, sehr kopfballstark.“ Heute verbindet sie eine Freundschaft.
Und wer sucht, der findet noch eine Spur nach Thüringen im Umfeld von Beck: Wolfgang Benkert, sein Berater, hielt in den 1970er und 1980er Jahren den Kasten von RWE sauber, zählt zu den großen Erfurter Fußballhelden.
„Ich werde Erfurt immer dankbar sein, meine Heimat ist sehr wichtig für mich“, sagt Christian Beck, als er den Stuhl im Presseraum beiseite schiebt, „aber Magdeburg ist auch wie ein Zuhause für mich.“