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Zeitungen entschuldigen sich bei Madeleines Eltern

19.03.2008, 14:59

London/dpa. - Britische Boulevardzeitungen haben sich jetzt auf ihren Titelseiten dafür entschuldigt, dass sie die Eltern der verschwundenen Madeleine als mögliche Täter verunglimpft hatten.

Madeleines Eltern - die Ärzte Kate und Gerry McCann - akzeptierten am Mittwoch den Kniefall der Massenblätter ebenso wie eine Entschädigung von umgerechnet 704 000 Euro, die vollständig dem Fonds für die weitere Suche nach Madeleine zukommen sollen.

Die Eltern beteuerten erneut, absolut nichts mit dem Verschwinden ihrer seinerzeit dreijährigen Tochter aus einer Ferienanlage in der Algarve am 3. Mai 2007 zu tun gehabt zu haben. Berichte, die derartiges behaupten würden, seien «völlig groteske und grob verleumderische Anschuldigungen». Dementsprechend seien die Entschuldigungen, die im Ergebnis gerichtlicher Klagen zustande kamen, «auch völlig angebracht».

Die Massenblätter «Daily Express» und «Daily Star» brachten die Abbitte an die McCanns jeweils auf der ersten Seite. Ähnlich wollen sich nach eigenen Angaben auch die beiden Sonntags-Schwesterzeitungen dieser Blätter - «Express on Sunday» und «Star on Sunday» - aus dem Verlagshaus Express Newspapers bei Madeleines Eltern auf ihren Titelseiten entschuldigen. In ihren klarstellenden Berichten betonen die Blätter, ihre früheren Storys über Gerry und Kate McCann hätten den falschen Eindruck vermittelt, dass diese am Verschwinden ihrer Tochter schuld seien.

Die McCanns waren gegen rund 100 Artikel in den vier Zeitungen der Express-Gruppe rechtlich vorgegangen. Der Anwalt des Verlagsunternehmens erklärte nun, die Anschuldigungen hätten nie gemacht werden dürfen. Die Artikel waren seit Herbst 2007 erschienen, nachdem die portugiesische Polizei das Ärzteehepaar aus Mittelengland im September als Verdächtige in dem Fall benannt hatte.

Offiziell besteht der Verdächtigen-Status weiterhin. Jedoch wurde in portugiesischen Medien mittlerweile angedeutet, dass sich eine angeblich bei den Ermittlern bestehende Vermutung, wonach die Eltern Madeleine aus Versehen mit Beruhigungsmitteln umgebracht und den Tod dann vertuscht haben könnten, nicht aufrechterhalten lässt.

Es sei ein «noch nie dagewesener Schritt», eine Entschuldigung auf der Titelseite zu drucken, schrieb der «Daily Express» am Mittwoch. «Wir räumen ein, dass es keinerlei Beweise für die Theorie gibt und dass Kate und Gerry vollkommen unschuldig am Verschwinden ihrer Tochter sind.» Ähnlich äußerte sich der «Daily Star». Zusammen mit den Sonntagsblättern haben die Zeitungen eine Millionenauflage.

Inhaber der Express-Gruppe ist der umstrittene Verleger Richard Desmond, der zuvor Eigner von Pornomagazinen und Betreiber von Erwachsenen-Bezahlfernsehen war. Der «Daily Express» wird auch vom Inhaber des Kaufhauses Harrod und Vater von Prinzessin Dianas Freund Dodi, Mohammed Al Fayed, finanziell unterstützt.

Medienexperten werteten den Schritt der Zeitungen als sehr ungewöhnlich. Das letzte Mal hatte sich eine britische Zeitung 1987 auf dem Titel entschuldigt. Damals druckte das Boulevardblatt «Sun» eine Entschuldigung, weil es berichtet hatte, der Sänger Elton John hätte einen männlichen Begleitservice bezahlt.