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Urteil Kindesmissbrauch per Webcam: Mehr als zehn Jahre Haft

Wegen Kindesmissbrauch in unzähligen Fällen schickt das Gericht einen Mann für mehr als zehn Jahre ins Gefängnis. Für die Richter ist es angesichts der Dimensionen ein beispielloser Fall.

Von dpa Aktualisiert: 03.09.2025, 16:53
Ein Mann muss für den sexuellen Missbrauch von Kindern in mehr als 1.600 Fällen für mehr als zehn Jahre in Haft. (Archivbild)
Ein Mann muss für den sexuellen Missbrauch von Kindern in mehr als 1.600 Fällen für mehr als zehn Jahre in Haft. (Archivbild) Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Erfurt - Jahrelang lebte er seine pädophilen Neigungen unentdeckt im Netz aus und fertigte unzählige kinderpornografische Videodateien - jetzt muss ein Mann aus Weimar dafür zehn Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Erfurt verurteilte den 41-Jährigen des sexuellen sowie schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in mehr als 1.600 Fällen. Der Mann hatte jahrelang über verschiedene Internetplattformen Jungen dazu gebracht, vor ihrer Webcam sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Anschließend hatte er Aufnahmen teilweise im Darknet verbreitet.

Die Vorsitzende Richterin Sabine Rathemacher sprach von einem „beispiellosen“ Verfahren. Beispiellos in der Menge der Videodateien, der zeitlichen Dimension von zwölf Jahren und der Anzahl von rund 1.600 Opfern - zumeist Jungen im Alter zwischen 8 und 13 Jahren. Die Kammer habe sich an vier Tagen fast 190 Kinderpornos anschauen müssen, was an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen und nur ein Bruchteil der zur Last gelegten Aufnahmen gewesen sei. „Wir waren auf der ganzen Welt in Kinder- und Badezimmern zu Hause.“

Opfer zu Objekten degradiert 

Die Jungen hätten den Mann nie gesehen. Er habe ihnen unter anderem Fake-Videos geschickt, in denen sich ein junges Mädchen entkleidete. Die Jungen dachten, sie chatteten mit dem Mädchen, und wurden heimlich aufgenommen. Bei einer anderen Masche habe der Mann einen Spielmodus angewandt. „Er hat es geschafft, Kinder so zu manipulieren, dass sie sich für Spielkarten prostituiert haben“, so die Richterin. Er habe die Opfer zu Objekten degradiert. Die Bilder von ihnen blieben im Netz.

Der Angeklagte habe zu dem kleinen Kreis gehört, der die einschlägigen Plattformen belieferte und diese damit am Laufen hielt. Mit dem Umfang des von ihm produzierten Materials steche er selbst im internationalen Vergleich hervor, beschrieb die Richterin die Dimensionen des Falls. Die Ermittler kamen dem Mann auf die Spur, als 2024 unter Federführung der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt vom Bundeskriminalamt eines dieser Netzwerke stillgelegt wurde. Die daraufhin ermittelte IP-Adresse führte bis zur Wohnung des Angeklagten. Die Ermittler trafen den Mann vor seinem PC an.

Gutachter attestiert pädophile Neigung

Zugunsten des Angeklagten wertete das Gericht sein Schuldeingeständnis - auch wenn das laut der Richterin spärlich ausfiel. Zudem habe der Angeklagte die Bereitschaft zu einer Therapie signalisiert, auch wenn ihm das Eingeständnis seiner - ebenfalls vom Gutachter bestätigten - pädophilen Neigung schwergefallen sei. „Man gesteht leichter einen Mord, als sich das selbst einzugestehen.“

Das Gericht blieb unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von zwölf Jahren Gefängnis. Die Verteidigung hatte auf eine fünfjährige Freiheitsstrafe plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.