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Yachten Yachten: Wer hat die Längste?

Von Jonas Rest 13.04.2012, 15:13

Kiel/MZ. - Strengste Geheimhaltungsstufe herrscht in der Kieler Werft Abu Dhabi Mar. Wer sich nach der "White Pearl" erkundigt, wird kommentarlos abgewiesen. Die Zeitung Kieler Nachrichten will trotzdem erfahren haben, dass man dort in diesen Tagen damit beginnt, die ersten Stahlplatten für den Rumpf der "White Pearl" zu schneiden. Der russische Milliardär Andrej Melnitschenko soll die Megayacht in Auftrag gegeben haben. Mit einer Rumpflänge von bis zu 140 Metern würde sie alle anderen Segelyachten übertreffen. Die "Gorch Fock", der Stolz der deutschen Marine, kommt gerade mal auf 89 Meter.

Wenn die "White Pearl" in einigen Jahren zu Wasser gelassen wird, könnte sie allerdings schon wieder einige Meter zu kurz sein, um auf der Rangliste ganz oben zu stehen. Denn in einer türkischen Werft soll bereits an der "Dream Symphony" gebaut werden. Und sie solle sogar 141 Meter werden, sagt Marcus Krall, Chefredakteur von Boote Exclusiv. Auftraggeber ist, so wird spekuliert, der Herrscher des Emirats Dubai, Mohammed Bin Rashid Al-Maktoum.

Es ist ein erbitterter Kampf, der um den längsten Yachtneubau tobt: Er begann vor etwa drei Jahrzehnten - und seitdem werden die Yachten immer länger. Um einen Platz in den Top Ten der Segelyachten zu ergattern, reichten vor vierzehn Jahren noch 74 Meter - nun sind es fast zwanzig Meter mehr. "Es gibt immer jemanden, der penibel darauf achtet, dass seine Yacht noch einen Meter länger wird", sagt Marcus Krall.

Auch Paul Allen, der mit Bill Gates Microsoft gründete, musste diese Erfahrung machen. Als seine "Octopus" 2003 aus den Docks kam, galt sie als längste Motoryacht der Welt - mit 126 Metern. Allens Erzrivale Larry Ellison, Gründer des Softwarekonzerns Oracle und mit einem Vermögen von 36 Milliarden US-Dollar der sechst- reichste Mann der Welt, wollte sich das nicht bieten lassen. Seine "Rising Sun" war ursprünglich auf 120 Meter angelegt - und wurde während der Konstruktion um 18 Meter verlängert, so dass sie die "Octopus" nach nur einem Jahr vom Thron stürzte. Zumindest kurzzeitig, dann musste auch sie den Platz wieder räumen.

Champagner aus der Dusche

Es ist ein kleiner Club von Multimilliardären, der sich diesen Kampf um den längsten Yachtneubau liefert. Luxusyachten gelten als das ultimative Statussymbol, schwimmende Festungen der Wohlhabenden. Marcus Krall war auf einer der luxuriösesten, er sagt: "Das Adlon ist nichts dagegen." Eine Dusche, bei der wie bei einem Platzregen Champagner statt Wasser aus den Düsen strömt, mit regulierbarer Tropfengröße? Haben sie bei Blohm + Voss in Hamburg schon eingebaut. Innenräume mit Rochenhaut verkleidet? Soll es genauso geben wie den Kühlraum, in dem Yachtgäste sich Schneeballschlachten liefern können, während sie durch tropische Inselgruppen schippern.

Verständlich, dass sich auch Milliardäre nicht unbedingt für diesen Luxus rechtfertigen wollen, findet Marcus Krall. Deshalb findet der Kampf um die längste Yacht weitgehend im Geheimen statt. Über die Details der Schiffe ist oftmals auch viele Jahre nach dem Stapellauf kaum etwas bekannt. Und auch wenn bis zu tausend Menschen gleichzeitig an dem Bau beteiligt sind, oftmals mehrere hundert Subunternehmer, werden die Schweigeklauseln der Verträge nur selten gebrochen. "Natürlich dringt immer etwas nach außen", sagt Marcus Krall. Aber selbst Insider wissen nicht alles. "Manche Yachten legen einfach vom Werftkai ab - man erfährt nichts über ihre Auftraggeber", sagt Krall. Nur, dass Milliardäre aus Russland und dem Nahen Osten, aber auch aus Indien zunehmend einen ganzen Indus- triezweig beschäftigen. In Kiel werden sie nun mindestens für drei Jahre ausgelastet sein.

Eine Million Euro pro Meter

Die Yachten sind Einzelanfertigungen, mit einer Million Euro muss man für einen Meter Yacht mindestens rechnen. Und mehr geht immer. Roman Abramowitsch, der die derzeit größte Motoryacht der Welt besitzt, soll gar bis zu 1,1 Milliarden US-Dollar für die 163 Meter lange "Eclipse" ausgegeben haben - zumindest mit dem nachträglich installierten Raketenabwehrsystem, dem absenkbaren Hubschrauberlandeplatz und dem privaten U-Boot. Hinzu kommen die jährlichen Unterhaltskosten, etwa um die Besatzung zu finanzieren: Etwa zehn Prozent des Kaufpreises müssen dafür gerechnet werden - mindestens ein zweistelliger Millionenbetrag kommt also jährlich hinzu.

Krall ist überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die erste Motoryacht mit einer Länge von 200 Metern ins Wasser geht. Aber die zunehmende Größe der Schiffe wird für die Eigner mittlerweile zum Problem: Sie passen in keinen der luxuriösen Yachthäfen mehr. Sie müssen entweder immer abseits der Küste ankern - oder zwischen Containerschiffen im Frachthafen. Einige Milliardäre haben darauf reagiert: Oracle-Gründer Larry Ellison hat seine 138 Meter lange "Rising Sun" verkauft - und sich dafür eine fast 80 Meter kürzere zugelegt.