Wissenschaft Wissenschaft: Rätsel um Klaus Störtebeckers Schädel

Hamburg/dpa. - Doch eine DNA-Analyse war auchmit Hilfe kanadischer Forensik-Experten nicht möglich. Das gut 600Jahre alte Knochenmaterial sei nicht mehr zu entschlüsseln gewesen.Die Erbinformationen sollten eigentlich mit der von möglichenNachkommen des legendären Seeräubers Klaus Störtebeker (um 1360-1401)verglichen werden. In Norddeutschland leben nach Schätzung desWissenschaftlers etwa 200 Menschen mit dem Namen Störtebeker. «Klarist jetzt nur, dass wir das Rätsel nicht lösen können», sagtWiechmann. Der geheimnisvolle Schädel und die Rekonstruktion desPiraten-Kopfes sind aber trotz der Ungewissheit über die Identitätweiterhin die Attraktion des Museums für Hamburgische Geschichte.
Er sei nicht besonders traurig darüber, «dass die Frage, ob derSchädel tatsächlich dem Freibeuter Klaus Störtebeker zugeordnetwerden kann, nicht beantwortet wurde», betont der Wissenschaftler.Die Exponate im Hamburg-Museum lebten von nicht gelösten Rätseln. Aufjeden Fall sei man bei den Forschungsarbeiten dem Leben und Treibender Seeräuber im Mittelalter ein großes Stück näher gekommen.«Störtebeker ist eine Legende und wir wissen nicht einmal, ob erwirklich am Grasbrook im Hafen hingerichtet wurde.» Aktenkundig seinur, dass sein Weggefährte Gödeke Michels dort geköpft wurde.«Vielleicht gehört der Schädel ja auch zu ihm», meint Wiechmann.
Der aufgespießte Schädel und ein weiteres Exponat mit demcharakteristischen Nagel-Loch waren 1878 auf dem Grasbrook - zurHansezeit eine öde Elbinsel und heute ein Teil der schicken HafenCity- gefunden worden. Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert waren dort vielehundert Seeräuber geköpft und ihre Schädel dann auf ganz besondereArt behandelt worden. Um den ein- und auslaufenden Handelsschiffenund ihren Seeleuten zu zeigen, welches Schicksal den Piraten blühte,wurden die Seeräuberköpfe mit langen eisernen Nägeln auf einemweithin sichtbaren Holzgestell befestigt.
«Wir sind sicher, dass es sich bei dem Schädel um den Kopf einesFreibeuters handelt, eines etwa 30-jährigen, kräftigen Mannes, derschon einige Blessuren hatte, als er vor etwa 600 Jahren starb. Allesandere ist reine Spekulation», sagt Wiechmann. Auch das LebenStörtebekers und seiner Kumpane, die sich selbst auf plattdeutschLikedeeler nannten, weil sie die Beute gerecht unter sich aufteilten,bleibt im Dunkeln. «Wir wissen nicht einmal, ob Störtebeker Kinderhatte, wo er geboren wurde, und ob er tatsächlich ein Freund derArmen war.» Ein «Robin Hood» der Meere sei er allerdings mitSicherheit nicht gewesen, meint der Forscher.
Aber auch die Bezeichnung «Seeräuber» sei nicht korrekt.Störtebeker und seine Weggefährten seien keine gemeinen Verbrechergewesen, «sondern Söldner zur See, die im Dienste der MecklenburgerHerzöge dänische Schiffe kapern sollten», erklärt Wiechmann. Als Lohndurften sie dann selbst Beute machen. 1401 besiegte eine Flotte ausHamburg und Lübeck die Piraten. Klaus Störtebeker und 70 andereGefährten wurden hingerichtet.
Dass der legendäre Seeräuber noch nach seiner Enthauptung an denGefährten vorbeispazierte, um sie vor der Scharfrichter zu retten,ist allerdings widerlegt. Der Leiter der Rechtsmedizin imUniversitätskrankenhaus Eppendorf (UKE), Klaus Püschel, stellte imZuge der Untersuchungen des «Störtebeker-Schädels» klar, «dass esunmöglich ist, auch ohne Kopf zu gehen».