Wissenschaft Wissenschaft: Putzen, kochen, Rasen mähen

Hamburg/dpa. - Wer putzt schon gerne Fenster? Auf einem 25 000Quadratmeter großen Glasdach der Leipziger Messe haben zwei Roboterdiese bei den meisten Menschen unbeliebte Aufgabe übernommen. DiePutzautomaten seilen sich selbstständig vom 28 Meter hohen First der243 Meter langen Glashalle ab und hangeln sich unter den Streben derStahlkonstruktion hindurch, an der das Dach aufgehängt ist.
Auch Privatleute können sich auf derart elektro-mechanischePutzhilfe freuen. Schon in wenigen Jahren sindFensterreinigungsroboter für den Hausgebrauch zu erwarten,prophezeien Experten. Bereits heute ziehen die ersten einfachenRoboter in manches Heim ein. Sie saugen, wischen, mähen Rasen oderwachen bei Bedarf auch über Haus und Hof.
In 15 Jahren werden Roboter in ähnlich vielen Lebensbereichenanzutreffen sein wie Computer heute, glaubt Rodney Brooks, Direktordes Labors für Computerwissenschaften und Künstliche Intelligenz amMassachusetts Institute of Technology (MIT). «Ich bin überzeugt, dassRoboter heute dort stehen, wo die Computer 1978 waren», betont Brooksim Fachblatt «Technology Review»: «Die Roboter kommen.»
Für einen universellen Haushaltsroboter als Massenprodukt, derzahlreiche Aufgaben erledigen kann, könnte die Zeit in etwa zehnJahren reif sein, meint Martin Hägele, Leiter der AbteilungRobotersysteme am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik undAutomatisierung (IPA) in Stuttgart.
Die IPA-Forscher entwickeln für den Heimgebrauch unter anderem den«Care-O-bot», einen Tausendsassa, der seinem Besitzer nicht nur beieinfachen Arbeiten wie Tisch decken, Mikrowelle bedienen und Putzenzur Hand gehen soll. Der mechanische Mitbewohner könnte auch kleinereBotengänge erledigen, «seinen» Menschen stützen oder führen, dasTelefon für ihn suchen und ihm die heruntergefallene Fernbedienungaufheben. Der «Care-O-bot» erinnert außerdem an die regelmäßigeEinnahme von Medikamenten und reicht zu den Pillen gleich ein GlasWasser. Er kann auch Bier holen.
«Solche Handreichungen könnten beispielsweise älteren Menschenlänger die Unabhängigkeit bewahren», meint Hägele. «Eine Alternativeetwa zur Pflege durch einen Menschen wird dies allerdings niemalswerden.»
Abgesehen von gravierenden sozialen und ethischen Bedenken hättenes Roboter-Pfleger auch schwer, von Menschen akzeptiert zu werden.Denn die Maschinen haben noch große Schwächen. «Allen Systemen fehltbislang komplett eine akzeptable "Schnittstelle" zum Menschen»,betont Paul Levi vom Karlsruher Forschungszentrum Informatik. «Ichkann dem Roboter beispielsweise nicht sagen, was ich von ihm möchte.»
Die Kommunikation ist für Levi nicht das einzige Manko heutigerMaschinen. Die Apparate könnten bislang weder befriedigend komplexeSituationen erkennen, noch ihr Verhalten darauf einstellen. «Ich habemir zum Beispiel keinen Staubsaugerroboter gekauft, weil die Gerätekeineswegs die Aufgabe gelöst haben, zu unterscheiden, was Schmutzist und was nicht.»
Natürlich sind heutige Prototypen für ein Massenprodukt auch nochviel zu teuer. «Ein Haushaltsroboter darf höchstens so viel kostenwie ein Mittelklassewagen», meint Franz Freyberger, der an derTechnischen Universität München zu autonomen mobilen Systemenforscht.
Über die Defizite der Maschinen sind sich die meistenRoboterforscher einig. Hägele vergleicht den Entwicklungsstand mitdem der ersten Autos: «Die Modelle am Anfang des 20. Jahrhundertskonnten auch schon fahren, der Weg zu einem alltagstauglichen Produktwar aber noch weit.»