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Wiedergeburt des «Adlers» Wiedergeburt des «Adlers»: Erste deutsche Lok wird wieder aufgebaut

Von Roland Böhm 18.04.2007, 16:33
Die im Oktober 2005 nach einem Brand im Fahrzeugdepot des Nürnberger Bahn-Museums ausgeglühte historische Lokomotive «Adler» steht im Dampflokwerk Meiningen. (Foto: dpa)
Die im Oktober 2005 nach einem Brand im Fahrzeugdepot des Nürnberger Bahn-Museums ausgeglühte historische Lokomotive «Adler» steht im Dampflokwerk Meiningen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Meiningen/Nürnberg/dpa. - Es war ein schwerer Schock für alleEisenbahnfans. Als am 17. Oktober 2005 das Lokdepot des Bahn-Museumsin Nürnberg in Flammen stand, brannte auch ein Mythos aus: DieTender-Lokomotive «Adler», ein Nachbau von Deutschlands ersterEisenbahn. Im Dampflokwerk im südthüringischen Meiningen wird sienach britischen Originalplänen aus dem Jahr 1835 wieder aufgebaut.Ende Oktober könnten Lok, Tender und zwei Personenwaggons dem Museumzurückgegeben werden, versprach Werksleiter Jürgen Eichhorn.

Noch geben die Überbleibsel der altehrwürdigen Lokomotive eintrauriges Bild ab: Die verkohlten Reste des Holzgestells steckennoch in den mit Ruß überzogenen und verrosteten Metallträgern. Esbedarf sehr viel Fantasie, sich dabei eine stattliche Lokvorzustellen. Doch die neuen Eichen-Holzbalken liegen schon parat.Der Wiederaufbau könne jetzt zügig vorangehen, versicherte Eichhorn.Vor Blicken neugieriger Eisenbahnfans geschützt, steht der «Adler» -oder das, was übrig blieb - in einem gesonderten Schuppen des Werks.

Die schwierigste Aufgabe des Wiederaufbaus sei fast schonerledigt, sagt Eichhorn. So habe es fast ein Jahr gedauert, bis eineFirma gefunden worden sei, die das Herzstück des «Adlers», die beimBrand zerstörte Kurbelwelle, nachbilden konnte. EineSpezialunternehmen in Wildau bei Berlin habe sie per Handgeschmiedet. Auch alle anderen Ersatzteile seien inzwischen da.

Obwohl es sich nur um einen Nachbau des legendären «Adlers»handele, sei auch der «eine Ikone für Deutschland und eine Ikone fürunser Museum», sagte Jürgen Franzke, Leiter des DB-Museums. Es seinie eine Frage gewesen: «Wir wollen ihn wieder haben.» Der neue«Adler» werde dabei sogar detailgetreuer als der ausgebrannte. Dieim Staatsarchiv in München gelagerten britischen Pläne zeigtennämlich einen kleinen Fehler am Schornstein.

Der Original-«Adler» hatte im Dezember 1835 auf der StreckeNürnberg-Fürth das Eisenbahnzeitalter in Deutschland eröffnet. Die1835 in England gebaute Original-Lok schaffte Geschwindigkeiten biszu 60 Stundenkilometern. Gut 20 Jahre lang war sie unterwegs, dannwurde sie verkauft, verschrottet und gilt seither als verschollen.Es gibt zwei Nachbauten: Nur das beim Brand zerstörte Exemplar von1935 war fahrtüchtig. Der andere, nicht fahrfähige Nachbau aus den1950er Jahren ist nach wie vor im Nürnberger Museum zu sehen.

Bei dem Feuer im mehrere Kilometer vom Museum entfernten Depotwurden zudem andere unschätzbare Werte der deutschen Bahngeschichtezerstört. Zwölf Diesel- und Elektroloks mussten verschrottet werden.Dabei handelte es sich aber laut Franzke nicht um einmaligeFahrzeuge.

«Eine Dampflok ist den Umgang mit Feuer und Wasser eben gewohnt,deshalb waren die Schäden am "Adler" nicht so groß wie zunächstgedacht», sagte Eichhorn. 80 Prozent der Originalteile von 1935blieben bei der Instandsetzung erhalten. Bei den Waggons, die vorallem aus Holz bestanden, sei das anders. «Die werden nahezukomplett neu aufgebaut.»

Im einzigen Dampflokwerk der Deutschen Bahn AG arbeiten gut 100Fachleute. Kesselschmiede, Lokomotivschlosser, Schweißer undZerspaner warten Dampflokomotiven, historische Waggons,Schneeräumfahrzeuge und Eisenbahn-Unikate. Das Werk wurde 1914 vonder Königlich-Preußischen Eisenbahnverwaltung gegründet. Nach demKrieg arbeiteten hier bis zu 4000 Menschen, in der DDR immerhin noch1500. Zu den Kunden des Werks zählen Museumsbahnen und Vereine ausganz Europa.