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Bundesregierung Reaktionen zu Entlastungspaket weit auseinander

Für den einen ist es eine ganz wichtige Entscheidung, für den anderen kommen die Ärmsten erneut zu kurz: Die Reaktionen auf das neue Entlastungspaket gehen in Niedersachsen weit auseinander. Für die Kritiker hat sich vor allem eine Partei durchgesetzt.

Von dpa Aktualisiert: 04.09.2022, 17:11
Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsent, hält eine Rede.
Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsent, hält eine Rede. Sina Schuldt/dpa/Archivbild

Hannover - Das milliardenschwere dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition hat in Niedersachsen gemischte Reaktionen ausgelöst. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte das Vorhaben am Sonntag einen großen Schritt und eine „ganz wichtige Entscheidung“. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) lobte das Paket als ausgewogen. Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen und die Partei Die Linke dagegen kritisierten die Pläne als unzureichend.

Soziale Gerechtigkeit und eine angemessene Verteilung der Folgekosten der Krisen kämen „wieder zu kurz“, monierte der Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz, Klaus-Dieter Gleitze. Das 9-Euro-Folgeticket sei mit 49 bis 69 Euro im Monat für arme Menschen zu teuer, die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von 449 auf 500 Euro viel zu niedrig. Diese Erhöhung gehe zudem „komplett für das 9-Euro-Folgeticket drauf“.

Einmalzahlungen von 300 Euro für Rentner und 200 Euro für Studierende seien ebenso wie die Erhöhung des Kindergeldes ein erster Schritt, aber zu wenig, betonte Gleitze. Außerdem sei es der falsche Ansatz, wenn die Erhöhung nach dem Gießkannenprinzip auch für Rentnerinnen und Rentner mit hohen Pensionen und Einkünften gelten sollte.

Die Linke nannte das Paket halbherzig. „Es ist keine ausreichende Antwort auf die dramatische Situation, in die viele Menschen angesichts von Teuerungen und Inflation in den nächsten Wochen und Monaten kommen werden“, sagte die Linke-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl im Oktober, Jessica Kaußen. „Der angekündigte Preis für ein neues Nahverkehrsticket ist deutlich zu hoch und die Verhandlungen über die Kofinanzierung durch die Länder wird viel zu lange dauern, um schnell ein ordentliches Angebot zu haben.“ Auch die angekündigten Einmalzahlungen und Erhöhungen von Leistungen seien angesichts der explodierenden Preise „ein schlechter Witz“.

IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis erklärte, es sei wichtig, dass neben Geringverdienern, Rentnern und Studenten auch die breite Masse der Beschäftigten entlastet werde, die ebenfalls von Inflation betroffen sei. „Das ist entscheidend, um die Binnennachfrage in der aktuellen Krise zu stabilisieren.“ Mit dem Paket könnten die Folgen der Verwerfungen an den Energiemärkten für Menschen und Unternehmen - insbesondere der energieintensiven Industrien - eingegrenzt und zugleich die Risiken einer drohenden Rezession abgemildert werden.

Ministerpräsident Weil betonte, manche Diskussion werde noch zu führen sein: Aber das Volumen von 65 Milliarden Euro zeige, dass der Staat in dieser Krise an der Seite seiner Bürger stehe, „dass er insbesondere auch denjenigen helfen will, die in dieser Situation besondere Schwierigkeiten haben, ihre Energiepreise künftig zu bezahlen“.

Zu einer möglichen Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket mit einer Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat sagte er: „Wenn ein verbilligtes Ticket zur Dauerpraxis wird, dann werden auch die Länder ihren Finanzanteil stemmen müssen. Wie hoch der ist, das wird man zu diskutieren haben.“

Die Landesarmutskonferenz stellte fest: „Durchgesetzt hat sich nach bisherigem Stand wieder die FDP mit dem Ausschluss von Superreichen und Übergewinn-Profiteuren an einer solidarischen Finanzierung der Krisenkosten.“ Eine Vermögensabgabe sei nicht vorgesehen, Zufallsgewinne sollten im Rahmen einer Reform auf EU-Ebene abgeschöpft werden, zur Finanzierung einer Strompreisbremse. „Bis dahin ist der Winter vorbei und eine mögliche Strompreisbremse vergessen“, meinte Gleitze.