Weihnachtsbrauch Weihnachtsbrauch: Lichterglanz ehrt heilige Barbara
Halle (Saale)/MZ. - Alljährlich zum Barbaratag am 4. Dezember wird die Glocke am Förderkorb des Röhrigschachtes in Wettelrode für die Einfahrt zur Barbara-Schicht angeschlagen. Die Ehrung der Schutzheiligen der Bergleute mit einem ökumenischen Gottesdienst in 300 Meter Tiefe gehört im Schaubergwerk zur Einstimmung auf das Weihnachtsfest wie das Adventssingen und die bergmännische Weihnachtsfeier unter Tage.
Zur Einfahrt ins Stollenlabyrinth kommen neben Besuchern vor allem ehemalige Kumpel und Traditionsvereine des Berg- und Hüttenwesens. Viele erscheinen im Berghabit, der traditionellen schwarzen Uniform mit glänzenden Messingknöpfen. Nicht weniger als 29 sollen es sein. Diese Zahl entspricht den angenommenen Lebensjahren von Barbara, die im 4. Jahrhundert in Nikomedia gelebt haben soll. Der Legende nach wurde sie vom eigenen Vater getötet, als sie sich dem Christentum zuwandte. Zuvor habe sie sich in einem Felsen versteckt, der sich für sie öffnete. Von diesem Wunder wurde ihre Verehrung als Schutzpatronin der Bergleute, aber auch der Glöckner, Architekten und Artilleristen abgeleitet.
Der goldene Glanz der Knöpfe symbolisiert das Licht, nach dem sich jeder Kumpel im Dunkel des Berges sehnt. Auch die anderen Uniformelemente sind nicht nur Schmuck, sondern weisen auf Arbeitsbereiche, Tätigkeiten oder die Stellung in den Bergwerken und Hütten hin. Besonders auffallend sind die Schachthüte mit den verschiedenfarbigen Federn.
Die bergbaulichen Traditionen Sachsen-Anhalts reichen tief in die Geschichte zurück. Alle Regionen zwischen Harz und Elbe sind geprägt durch den Abbau von Salz, Erz und Braunkohle. Vom Erzbergbau im Harz wird schon aus der Zeit Karls des Großen (742 - 814) und der Regentschaft von Otto I. (912 - 973) berichtet. "Das Land die Früchte bringt, im Harz der Taler klingt", verweist ein alter Spruch auf die Arbeit der Berg- und Hüttenleute im Harz. Im Mansfelder Land haben der Legende nach zuerst die Knappen Nappian und Neucke um 1200 herum Kupfererz gefunden. Bis zur Ausfahrt der letzten Lore Kupferschiefer im Jahre 1990 förderten in der Mansfelder Mulde rund 1 000 und im Revier um Sangerhausen 270 Schächte.
Untrennbar mit dieser Tradition verbunden ist die Ehrung der heiligen Barbara. Dieser Brauch ist im mitteldeutschen Bergbaugebiet jedoch erst nach der Wende wieder neu belebt worden. Barbara gehört nicht nur zu den 14 Nothelferinnen der katholischen Glaubenswelt, sondern wird schon seit Jahrhunderten als Schutzpatronin der Bergleute verehrt. Auch im Röhrigschacht hat sie einen Ehrenplatz Hunderte Meter unter Tage. Ihre Figur steht in einem Andachtsschrein, den zur Barbara-Schicht frisch geschnittene Kirschzweige schmücken.
Barbara-Ehrungen sind bereits seit dem Mittelalter bekannt, als die Bergleute Essen und Trinken hinstellten und ein Licht im Stollen brennen ließen, um Schutz vor Berggeistern und Gefahren zu erbitten. Überliefert aus dieser Zeit sind auch die Mettenschichten. Diese letzte Schicht vor dem 24. Dezember war der Höhepunkt des Bergmannsjahres. Dabei wurde Rückblick gehalten, der verunglückten Kumpel gedacht und gemeinschaftlicher Beistand für das neue Bergjahr beschworen.
Der Röhrigschacht bei Wettelrode, der bis 1990 bergmännisch betrieben wurde, ist als Museum und Schaubergwerk erhalten worden. Dadurch haben auch Angehörige von Bergmännern und Touristen Gelegenheit, eine Fahrt mit dem Förderkorb und der Grubenbahn zu erleben, den historischen Spuren des Kupferschieferabbaus zu folgen oder an bergmännischen Festen unter Tage teilzunehmen.
Zur Ehrung der heiligen Barbara wird am letzten Freitag im November oder am ersten Freitag im Dezember eingefahren, je nachdem, welcher Tag dem 4. Dezember am nächsten liegt. Zum Gedenken an die Schutzpatronin war es üblich, die Arbeit ruhen zu lassen und Barbara-Lichter anzuzünden. Barbara-Kerzen erhellen auch den Füllort im Röhrigschacht beim ökumenischen Gottesdienst. Traditionell wird dabei die Barbara-Legende verlesen. Barbara-Lied und ein Gebet erinnern an die schwere Arbeit der Bergleute, würdigen alle, die in Schächte eingefahren sind oder noch unter Tage arbeiten. Traditionell beendet wird die Feier mit dem Gesang des Liedes "Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt". Dieses wohl bekannteste Lied der Bergleute, in dem sich ihre Hoffnung ausdrückt, nach gefährlicher Arbeit gesund ausfahren zu können, erklingt auch beim Adventssingen und zur bergmännischen Weihnachtsfeier im Röhrigschacht. Festliche Musik erfüllt dann die Stollen und Weihnachtserinnerungen in Mansfelder Mundart werden erzählt , bevor zur traditionellen Halbschicht, der bergmännischen Essenspause, mit typischen Speisen aus dem Mansfeldischen wie Fettbemme und Harzer Käse oder Knetzchen genannte Hackepeterbrote eingeladen wird.
Zum Brauchtum des Barbara-Tages gehört das Schneiden von Barbara-Zweigen, meist von Kirschbäumen. Mit ihrem Erblühen bis Weihnachten ist die Hoffnung auf Glück im neuen Jahr und die Erfüllung von Wünschen verbunden. Der Röhrigschacht lädt am 3. Dez., 19 Uhr, zur Barbaraschicht und am 12. Dez., 15 Uhr, zur bergmännischen Weihnacht und zum Adventssingen unter Tage ein.