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30 Jahre Nationalpark Was man über den Nationalpark Unteres Odertal wissen muss

Nicht nur Kranich und Singschwan: Im Nationalpark Unteres Odertal hat sich seit 30 Jahren eine einzigartige Landschaft entwickelt. Was das Schutzgebiet am Grenzfluss für Naturfans bereithält.

Von Monika Wendel, dpa 16.10.2025, 06:00
Naturschauspiel Flussauenlandschaft: Kraniche fliegen über den Nationalpark Unteres Odertal. (Archivbild)
Naturschauspiel Flussauenlandschaft: Kraniche fliegen über den Nationalpark Unteres Odertal. (Archivbild) Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Schwedt - Tausende Kraniche rasten im Herbst im Nationalpark Unteres Odertal. Ende des Jahres werden dann die Singschwäne erwartet. Seit 1995 ist die weitgehend unzerschnittene Flussaue der Unteren Oder unter Schutz gestellt. Das 30-jährige Bestehen des einzige Auen-Nationalparks Deutschlands wird am Freitagabend (17. Oktober) in Schwedt gefeiert.

In der Uckermark im Nordosten Brandenburgs hat sich eine einzigartige Landschaft herausgebildet, die von Überschwemmungen geprägt ist und die Entwicklung von Wildnis ermöglichen soll. 

Für viele Vögel wie Gänsesäger, Rotschenkel, Schilfrohrsänger, Trauerseeschwalbe, Tüpfelralle, Wachtelkönig und Zwergdommel ist das Untere Odertal laut Umweltministerium das wichtigste Gebiet in Brandenburg. Auch Seeadler, Fischotter und Rotbauchunke sind anzutreffen. Was ist sonst noch wissenswert für Besucher des Nationalparks? 

Wie funktioniert das Konzept?

Nationalparks sind die höchste Schutzkategorie der Großschutzgebiete in Deutschland. Auf rund der Hälfte des insgesamt 10.400 Hektar großen Gebietes gilt das Prinzip „Natur Natur sein lassen“ („Prozessschutzzone“). Hier ist eine Nutzung ausgeschlossen, das bedeutet, es findet keine Landwirtschaft, keine Fischerei und keine forstliche Nutzung mehr statt.

Dadurch sollen sich die Lebensräume möglichst ungestört und in ihrer natürlichen Dynamik entwickeln, wie eine Sprecherin der Nationalparkverwaltung schilderte. Einflüsse gibt es etwa durch das Wetter und unterschiedliche Wasserstände in der Flussaue. Regelmäßig werden auch die Hochwasserpolder im Nationalpark geflutet. Die Oder kann sich sozusagen ausdehnen auf das Augengebiet.

Aber die Anfänge des Nationalparks - ursprünglich weitgehend im Privatbesitz und landwirtschaftlich genutzt - waren von viel Streit begleitet: Bauern, Jäger und Angler protestierten und fürchteten um ihre Existenz. 

Welche Eingriffe des Menschen sind noch erlaubt? 

In einer sogenannten Pflegezone (49,9 Prozent der Gesamtfläche) steht die Erhaltung von Lebensräumen und Arten im Vordergrund, die auf eine Grünlandnutzung - Beweidung oder Mahd - angewiesen sind. Das sind nach Angaben des Nationalparks etwa Brenndolden-Auenwiesen, viele Wiesenbrüterarten, wie der Wachtelkönig oder der Kiebitz. Außerdem gibt es die Möglichkeit für Wanderungen, Bildungsangebote, wissenschaftliche Forschung und Monitoring. 

Was kann der Park in Zeiten des Klimawandels leisten? 

Viele Pflanzen- und Tierarten, deren Lebensraum durch den Klimawandel und Dürren beeinträchtigt ist, finden in der Flussaue gute Lebensbedingungen in feuchten und nassen Wiesen. Im Sommer entwickelt sich ein kühlendes Klima mit einer höheren Luftfeuchtigkeit, im Winter wiederum werden extrem niedrige Temperaturen gemildert. „Damit erfüllt der Nationalpark eine bedeutende Regulation für extreme Witterungslagen, die auch auf den angrenzenden Raum, die Ortslagen und Stadt Schwedt wirkt“, so die Nationalparkverwaltung. 

Wie hat sich die Natur seit der Gründung 1995 erholt?

In der Zone ohne Nutzung hat sich eine spezielle Vegetation entwickelt mit sumpfartigen Gebieten und Röhricht. Da die Öffnung der Polder und damit die Überflutung der Flussaue bis Mitte Mai verlängert wurde, können sich mit Wasser gefüllte Senken laut Nationalpark bis in den Frühsommer halten. Dies ist eine wichtige Fortpflanzungszeit für Amphibien, darunter ist die Rotbauchunke. Zudem werden abgestorbene Bäume nicht entfernt. Wälder sind reich an Totholz - ein wichtiger Lebensraum für viele Pilz- und Tierarten. 

Bei einer Kartierung von Pilzarten in den Densenbergen auf einer Strecke von zwei Kilometern im Herbst 2022 wurden 105 Arten festgestellt, wie es hieß. Im Sommer 2022 wurden auf wertvollen Trockenrasen 129 Wildbienenarten gezählt. Davon gelten in Deutschland laut Nationalpark unter Verweis auf die Rote Listen als gefährdet. Nach dem massenhaften Fischsterben im Sommer 2022 hat sich der Bestand in der Oder inzwischen erholt.

Was können Besucher im Nationalpark erleben? 

Die Auen-Landschaft mit vielen Grüntönen gilt in seiner Größe und Struktur als einzigartig in Deutschland. Besucher können im Frühjahr und Herbst den Zug tausender Kraniche und Gänse beobachten. Im Winter sind Singschwäne für kurze Zeit zu Gast in der Nationalparkregion. Besucher können eine Rundwanderung auf dem „Wilden Waldweg“ unternehmen, auf der Oder Kanu fahren, aber auch mit Rangern auf Tour gehen. 

Vom 24. bis 26. Januar 2025 finden die traditionellen Singschwantage im Schwedter Stadtteil Criewen mit Exkursionen statt.

Welche Regeln gelten im Nationalpark?

Autos - außer mit Sondergenehmigung - sind tabu. Tiere und Pflanzen lassen sich am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad entdecken. Für Hunde gilt eine Anleinpflicht. Wichtig: Besucher müssen auf den Wegen bleiben. Bei Pflanzen und Tieren gilt: nur gucken, nicht anfassen oder gar mitnehmen.