Vulkanasche nimmt Europa in die Zange
Hamburg/dpa. - Die Aschewolke des isländischen Vulkans sorgt weiter für Stillstand im Luftraum über Europa und erstreckt sich jetzt in zwei Ausläufern über dem Kontinent. Die Folgen dieser beispiellosen Situation treffen Millionen Reisende, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel.
In Deutschland wurde die Sperrung des Luftraums bis mindestens Sonntagmorgen 2.00 Uhr verlängert. Eine weitere Ausdehnung ist sehr wahrscheinlich, da der Vulkan weiter Asche spuckt und der Wind sie unverändert im Luftraum verteilt.
Im europäischen Luftraum wurden am Samstag nur etwa 6000 von 22 000 Flügen erwartet, wie die Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol in Brüssel mitteilte. Die Teilchen aus der Vulkanasche können Flugzeugtriebwerke beschädigen, die Sensoren verstopfen und außerdem behindern sie die Sicht der Piloten.
Der Hamburger Flughafen kündigte bereits eine Sperrung bis Sonntagmittag an. In der Schweiz, in Österreich, Frankreich, Großbritannien oder Belgien sowie im Norden Italiens sind Airports bis zunächst mindestens Samstagabend gesperrt.
Die Wolke hängt wie eine gespreizte Zange über Skandinavien und Mitteleuropa und schiebt sich weiter in Richtung Südosten. Nur über Litauen, Lettland und Weißrussland war noch eine Lücke. Im Süden waren am Samstagmittag nur noch Portugal, Spanien, Mittel- und Süditalien, Teile des Balkans, Griechenland und ein schmaler Gürtel an der Schwarzmeer-Region noch nicht von Luftraumsperrungen betroffen, wie die EU-Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol berichtete.
In einigen Gebieten Europas ist der obere Luftraum zwar prinzipiell offen, je nachdem wie hoch sich die Asche gerade verwirbelt. Dieser Luftraum ist wegen der geschlossenen umliegenden Gebiete aber meistens nicht erreichbar.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wies darauf hin, dass Menschen mit Asthma, Bronchitis oder Lungenaufblähung wegen der Miniteilchen in der Aschewolke Probleme bekommen könnten. Allerdings nur, wenn die kleinen Partikel, die zurzeit noch in hoher Höhe fliegen, auf die Erde fallen. «Wer draußen etwas in Rachen oder Lunge spürt, eine laufende Nase oder juckende Augen bekommt, sollte ins Haus gehen und seine Aktivitäten draußen begrenzen», teilte WHO- Gesundheitsexpertin Maria Neira mit.
Die Deutsche Bahn setzte für die vielen Flugreisenden, die ihre Pläne ändern mussten, auch am Samstag mehr Züge und Personal ein, wie ein Sprecher in Berlin sagte. Volle Züge werde es vor allem auf den ICE-Verbindungen zwischen den großen deutschen Flughäfen Frankfurt/Main, München, Hamburg, Düsseldorf und Berlin geben.
Auch Politiker und Sportler ausgebremst
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann wegen der Wolke weiterhin nicht nach Deutschland zurück. Sie sollte am Samstag nach Angaben aus Regierungskreisen zunächst von Lissabon nach Rom fliegen. Merkel hatte am Freitag auf ihrer Rückreise aus den USA einen Zwischenstopp in Portugal einlegen müssen.
Offen war am Samstag auch, wie Merkel, Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Bundespräsident Horst Köhler am Sonntag zur Trauerfeier für Polens Präsident Lech Kaczynski reisen, der vergangenen Samstag bei einem Flugzeugabsturz in Russland gestorben war. Der Krakauer Flughafen, auf dem am Sonntag die Flugzeuge mit ausländischen Gästen, darunter auch US-Präsident Barack Obama und Russlands Staatsoberhaupt Dmitri Medwedew, landen sollten, war geschlossen.
Die Folgen des Vulkan-Ausbruchs bremsen auch die Formel 1. Wegen des Flugchaos in Europa drohen dem derzeit in China gastierenden PS- Zirkus vor allem logistische Schwierigkeiten.
Der Gletschervulkan stieß auch am Samstag weiter Rauch und Asche in die Atmosphäre. Wie das Meteorologische Institut in Reykjavik am Samstagmorgen mitteilte, gab es in der Nacht keine Veränderungen der Aktivitäten. Der Wind weht weiter in südliche Richtung. Das bedeutet, dass die Aschewolke weiter auf Europa zutreibt. Das Wetter im südlichen Island sei gut. Damit fällt vorerst auch Regen als Hoffnung für den Flugverkehr aus. Er würde das Aufsteigen der Vulkanwolke in große Höhen und damit die Ausbreitung über Europa verhindern.