Mehrere Verletzte Vorfall mit Auto in Gießen: Fahrer wohl psychisch krank
Es war ein Schock kurz vor Weihnachten: Ein Autofahrer verletzt in Gießen mehrere Menschen. Nun kommt heraus, dass er wohl psychisch krank ist. Einige Fragen sind immer noch offen.

Gießen - Nach dem Zwischenfall mit einem Auto und mehreren Verletzten in der Gießener Innenstadt haben die Ermittler bislang keine Hinweise auf eine politisch motivierte oder terroristische Straftat. Stattdessen vermuten sie eine psychische Erkrankung bei dem Autofahrer, wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft Gießen mitteilten.
32-Jähriger kommt in psychiatrische Einrichtung
„Zur genauen Tatmotivation können derzeit noch keine belastbaren Angaben gemacht werden, da der Beschuldigte kurz nach seiner Festnahme lediglich zusammenhangslose Aussagen tätigte“, berichteten die Ermittler. Ein Untersuchungsrichter ordnete am Dienstag auf Antrag der Staatsanwaltschaft an, dass der Beschuldigte in eine spezielle psychiatrische Einrichtung eingewiesen wird.
Am Montagnachmittag war ein 32 Jahre alter Autofahrer nach Angaben der Ermittler auf einer der Hauptverkehrsstraßen in Gießen auf die Gegenspur gewechselt und dann mit erhöhter Geschwindigkeit in ein parkendes Auto gefahren. Dieses schleuderte in Richtung einer Bushaltestelle und erfasste eine dort wartende 64-Jährige, die schwer verletzt wurde. Schon zuvor habe der Autofahrer mit seinem Wagen mehrere andere Fahrzeuge touchiert und dabei zwei Personen leicht verletzt.
Fahrt „unbeirrt“ fortgesetzt
Anschließend setzte der Autofahrer seine Fahrt nach den Erkenntnissen der Ermittler „unbeirrt“ und teils auf dem Gehweg fort, zwei weitere Menschen seien dabei leicht verletzt worden. Als er mit einem weiteren geparkten Fahrzeug kollidierte, habe ihn ein 29 Jahre alter Mann festgehalten, bis die Polizei eintraf. Insgesamt wurden nach Angaben der Ermittler sieben Menschen verletzt, darunter auch der Unfallfahrer und zwei Personen, die einen Schock erlitten.
Der Fahrer ist ein zuletzt in Gießen wohnender Mann aus Aserbaidschan. Gegen ihn wird wegen versuchten Mordes, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Ein Haftrichter soll über die Unterbringung in einer speziellen psychiatrischen Einrichtung entscheiden. Nach Angaben der Ermittler ist der Verdächtige nicht vorbestraft.
Anhaltspunkte für akute Psychose
Es lägen Anhaltspunkte für eine akute Psychose bei ihm vor, teilten die Ermittler weiter mit. Ein psychiatrischer Sachverständiger wurde damit beauftragt, den psychischen Zustand des Mannes zu untersuchen.
Das Hessische Landeskriminalamt hat die Federführung bei den Ermittlungen übernommen und bittet weiterhin Zeugen, Fotos oder Videos zum Geschehen zur Verfügung zu stellen. Die Tatortgruppe des LKA hatte Spuren gesichert und Zeugen befragt, die Beamten durchsuchten auch die Wohnung des Verdächtigen. Die dabei gefundenen Dinge wie Speichermedien und Handys müssten nun ausgewertet werden. Das Auto wurde sichergestellt. Auch ein Unfallgutachter wurde eingeschaltet, um den genauen Herrgang zu klären. Ziel sei es, das Geschehen so genau wie möglich zu rekonstruieren.
Vorfall weckt Erinnerungen an Amokfahren
Zur Tat in Gießen sagte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU): „Ich würde im Moment den Begriff der Amoktat nicht verwenden, aber auch das muss weiter aufgeklärt werden.“ Der Tatablauf spreche nicht dafür, dass der Fahrer absichtlich Menschen habe verletzen wollen. „Aber genau diese Fragen zur Motivlage und zu den Abläufen müssen weiter im Rahmen der Ermittlungen aufgeklärt werden, und daran wird mit Hochdruck gearbeitet.“
Zuletzt hatten mehrere Amokfahrten mit Autos in Deutschland für Entsetzen gesorgt. Am 3. März war ein Mann in Mannheim in eine Menschenmenge in der Innenstadt gefahren. Er tötete dabei zwei Menschen und verletzte 14 weitere, einige von ihnen schwer. Erst kürzlich ordnete das Landgericht Mannheim die Unterbringung des 40-Jährigen in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
Vor rund einem Jahr raste ein Mann in Magdeburg mit einem Auto durch die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt. Ein neunjähriger Junge sowie fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren kamen ums Leben. Mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt. Der 51-jährige Mann aus Saudi-Arabien steht derzeit unter anderem wegen Mordes in Magdeburg vor Gericht.
Innenminister: „Bin tief betroffen“
„Ich bin tief betroffen über das, was gestern in Gießen passiert ist“, sagte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) bei einem Besuch in Fulda. „Ein solcher Vorfall ist gerade kurz vor Weihnachten besonders schrecklich.“ Er wünschte allen Verletzten baldige Genesung, vor allem der schwer verletzten Frau. „Die Ermittlungen werden weitergehen, insbesondere auch zu der Motivlage“, sagte Poseck.
Der noch bis zum 30. Dezember dauernde Weihnachtsmarkt, der sich nicht weit von dem Ort des Zwischenfalls entfernt befindet, blieb nach dem Vorfall geöffnet. Der Bereich rund um den Unfallort wurde weiträumig abgesperrt. Es habe keine direkte Gefahr für den Weihnachtsmarkt in Gießen bestanden, sagte Innenminister Poseck.