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Vogelgrippe-Alarm in Thüringen: Rund 1200 Tiere getötet

07.07.2007, 14:23

Saalfeld/dpa. - Im bundesweit ersten Vogelgrippefall bei Nutzgeflügel in diesem Jahr werden im Sperrbezirk um das thüringische Wickersdorf sämtliche Bestände vorsorglich getötet. Bis zum frühen Nachmittag war gut die Hälfte von rund 1200 betroffenen Hühnern, Gänsen und Enten aus neun Gemeinden gekeult.

Wie die Einsatzleitung mitteilte, sollten alle Tiere bis zum Abend getötet sein. Der Kampf gegen eine Ausbreitung des aggressiven H5N1-Virus wurde erschwert, da die meisten Besitzer ihre Tiere nicht ordnungsgemäß gemeldet hatten. Zunächst war deshalb nur von 35 Tieren ausgegangen worden. Das Friedrich-Loeffler-Institut hatte das Virus am Freitagabend bei einer verendeten Hausgans aus Wickersdorf bestätigt. Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte die vorsorgliche Tötung als unangemessen.

Seit dem späten Freitagabend gingen mehr als 200 Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr zusammen mit Tierärzten in neun Gemeinden von Haus zu Haus und sammelten die Tiere ein. Dabei wurden rund 50 Halter festgestellt, von denen jedoch nur 4 beim Veterinäramt des Kreises Saalfeld-Rudolstadt ihren Bestand gemeldet hatten, wie Landrätin Marion Philipp (SPD) in Saalfeld sagte. Das Thüringer Gesundheitsministerium forderte alle Geflügelhalter auf, ihre Tiere kostenlos registrieren zu lassen. Ministeriumssprecher Thomas Schulz wies darauf hin, dass nur für gemeldete und in der Seuchenkasse versicherte Tiere Entschädigungen gezahlt werden könnten.

Die Kadaver sollen in einer Tierkörperbeseitigungsanlage in Erfurt vernichtet werden, sagte der Leiter des Verwaltungsstabs Öffentliche Sicherheit im Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt, Rolf Kowalski. «Allen Tieren wurden Proben entnommen.» Mit Ergebnissen werde in drei bis vier Tagen gerechnet, erläuterte Kowalski.

Im gesamten Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gilt eine generelle Stallpflicht für Haus- und Nutzgeflügel. In einem Umkreis von 13 Kilometern dürfen außerdem weder Geflügel noch Geflügelprodukte in das oder aus dem Beobachtungsgebiet gebracht werden. Tauben sind von der Tötung ausgenommen. Der drei Kilometer große Sperrbezirk um Wickersdorf betrifft die Ortschaften Meura, Rohrbach, Döschnitz, Wittgendorf, Volkmannsdorf, Bernsdorf, Hoheneiche und Talmühle. Gibt es in den Zonen in den nächsten 21 Tagen keine neuen Ausbrüche der Geflügelpest, waren die Schutzmaßnahmen erfolgreich.

Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, forderte ein einheitliches Konzept im Umgang mit Geflügelpest. Angemessen sei es, die Bestände in der Region intensiv zu beobachten, nicht aber die direkte Tötung offenbar auch gesunder Tierbestände, erklärte er in Bonn. Da für Menschen keine Gefahr bestehe, sollte bedächtig gehandelt werden. Er forderte Ringimpfungen zur Prävention.

Auch in Sachsen-Anhalt wird ein Übergreifen des gefährlichen Virustyps H5N1 auf Nutztiere befürchtet. «Die Gefahr ist sehr groß», sagte der Amtstierarzt des Kreises Mansfeld-Südharz, Bernd Kubisiak. Am Stausee Kelbra an der Landesgrenze zu Thüringen wurden unterdessen weitere tote Wildvögel eingesammelt. Bisher wurde der Virustyp H5N1 laut Landesamt für Verbraucherschutz bei 153 Haubentauchern und Schwarzhalstauchern festgestellt, deren Kadaver an dem See lagen.

Unterdessen gibt es auch in Sachsen einen weiteren Verdachtsfall. Ein in einem Gewässer bei Machern (Muldentalkreis) gefundener toter Haubentaucher wurde positiv auf das Virus getestet, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums und bestätigte einen Bericht der «Leipziger Volkszeitung». Allerdings stehe die amtliche Bestätigung durch das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems noch aus.

Im vergangenen Jahr war der Muldentalkreis von der Vogelgrippe heimgesucht worden. Im April 2006 war das hochpathogene Virus in einen Geflügelzuchtbetrieb in Wermsdorf bei Leipzig eingedrungen und hatte damit erstmals in Deutschland einen Nutztierbestand infiziert. Damals waren rund 22 000 Tiere getötet worden.