Verkehr Verkehr: Unfallopfer fährt ohne Arme

BERLIN/DPA. - Diese Autofahrt einTechnik- und Medizinwunder. Denn der 21-jährigeÖsterreicher hat nach einem schweren Starkstromunfallim Jahr 2005 keine Arme mehr. Er trägt zweiProthesen. Mit ihrer Hilfe bestand er im Oktobersogar seine Führerscheinprüfung. Im BerlinerWissenschaftszentrum für Medizintechnik hatKandlbauer am Freitag gezeigt, wie moderne Prothesentechnikihm zu einem fast normalen Leben verholfenhat. In der Steiermark fährt Christian Kandlbauernun morgens mit seinem Auto sieben Kilometerzur Arbeit. Dort ist er Lagerist.
Nach dem Unfall mussten seine Arme amputiertwerden - links im Schulterbereich, rechtsam Unterarm. Danach war Kandlbauer ein Pflegefall.Seine Mutter zog ihn an, reichte ihm Essenund Getränke, begleitete ihn zur Toilette."Jetzt kann ich das alles wieder selbst",sagt der junge Mann. "Der Führerschein unddas Auto, sie bedeuten für mich noch mehrFreiheit."
Sein künstlicher linker Arm ist eine Entwicklungder Firma Otto Bock aus dem niedersächsischenDuderstadt. Die Prothese kann der 21-Jährigemit Hilfe von Hirnimpulsen steuern. Nervresteleiten die Bewegungsbefehle, die vorher vomGehirn an seinen gesunden Arm gingen, nunan die Prothese mit ihrer Mikroelektronikweiter.
Projektleiter Hubert Egger hat sich dabeidas Phänomen des Phantomschmerzes zunutzegemacht. Das Gehirn kann einen Arm auch dannnoch "anfunken", wenn er gar nicht mehr daist. Für eine gedankengesteuerte Prothesemüssen jedoch funktionierende Nervensträngebis zur Amputationsstelle führen. QuerschnittsgelähmtenUnfallopfern würde diese Prothesentechniknichts nützen. Doch in Berlin gibt es an derTechnischen Universität, am Fraunhofer-Institutund an der Charité auch für sie Forschung.Dabei lesen Elektroden auf der Kopfhaut Bewegungsbefehledes Gehirns ab und funken sie an Computer.Der wiederum steuert dann eine Prothese. Zuletztkonnte eine Testperson Flipper spielen, ohneArme und Hände zu bewegen. Marktreif sinddiese Entwicklungen aber noch lange nicht.
Auch Christian Kandlbauers künstlicher linkerArm ist noch ein Prototyp. Erst sieben Menschenauf der Welt tragen eine solche Konstruktion.In zehn bis 15 Jahren, schätzt GeschäftsführerHans Georg Näder, könnte die Technik Standardsein. Vorausgesetzt, es werde geklärt, werdas bezahlt. Auch künstliche gedankengesteuerteBeine hält Näder heute nicht mehr für ScienceFiction. Weltweit wird an künstlicher Bewegunggeforscht - für Mensch und Roboter.
Kandlbauer ist fasziniert über seine gewonneneBewegungsfreiheit. Sogar das Tippen am Computersei mit den Daumen der künstlichen Hände möglich.Er ist nur gespannt, wie Polizisten bei einerVerkehrskontrolle auf einen Fahrer ohne Armereagieren.