Verkehr Verkehr: Ost-Ampelmännchen wird 45 Jahre alt

Leipzig/Berlin/dpa. - Ein Aufstieg, den zu seinem30. Geburtstag niemand für möglich gehalten hätte. Damals, kurz nachder Wiedervereinigung, sollte das DDR-Verkehrssymbol eigentlichverschwinden und der schlankeren West-Version Platz machen. Im Ostenhat sich der Ost-Ampelmann jedoch behauptet, und auch in ganz Berlinhat er sich durchgesetzt. Selbst im Westen ist er inzwischen ineinigen Städten zu finden. Überschattet wird der Geburtstag am 13.Oktober einzig von einem zähen Rechtsstreit, der im November in eineneue Runde geht.
Hintergrund ist die wirtschaftliche Bedeutung, die die Figurerlangt hat. Seit weit mehr als einem Jahr streiten sich zweiUnternehmer aus Sachsen und Berlin um die Markenrechte. Am 21.November treffen sie sich erneut vor Gericht. Das Oberlandesgerichtin Dresden hat eine Berufungsverhandlung angesetzt, nachdem IngenieurJoachim Roßberg ein Urteil des Landgerichts Leipzigs angefochten hat.Der Sachse, zu DDR-Zeiten alleiniger Hersteller von Verkehrsampeln,war im Streit um die Markenrechte an der Kultfigur gegen den BerlinerDesigner Markus Heckhausen unterlegen.
Der gebürtige «Wessi» hat sein Herz Mitte der 90er Jahre für dasAmpelmännchen entdeckt. Damals kochte in Berlin der Streit um dieExistenz des DDR-Verkehrssignals hoch. Der findige Designer bauteentsorgte Männchen zu Leuchten in Rot und Grün um - fertig war dererste Ampelmann-Desing-Artikel. «Die Figur ist einfach klasse»,schwärmt Heckhausen auch heute noch. Parallel zu ersten Geschäftenmit der Figur entwickelte sich organisierter Widerstand gegen derenEntsorgung. «Ein Komitee zur Rettung des Ampelmännchens wurdegegründet», berichtet Karl Peglau.
Der Berliner ist der Erfinder der Kultfigur. Am 13. Oktober 1961reichte er seinen Entwurf als «Neuerervorschlag» in der DDR ein.Hintergrund waren hohe Unfallzahlen im Straßenverkehr, die dem damalsLeitenden Psychologen des medizinischen Dienstes des VerkehrswesensSorge bereiteten. «Damals mussten sich ja noch alle - Autos,Radfahrer und Fußgänger - nach einem Ampelsignal bewegen. Das konntenicht gut gehen», sagt der heute 79-Jährige. Sein Vorschlag: Gebtjedem Verkehrsstrom ein eigenes Symbol. Für die Fußgänger schuf erdas Ampelmännchen. In Rot mit ausgebreiteten Armen, die deutlichsignalisieren: Hier wird gewartet. In Grün mit dynamischen Schritt,um zu zeigen: jetzt geht's weiter.
«Ansprechend wird mein Mann durch die gemütliche Dicklichkeit»,sagt Peglau. Bei der Idee ging es jedoch nicht um Sympathiewerte: Mitseiner gedrungenen Figur und dem großen Kopf mit Hut hat der Ostmanneine fast doppelt so große Leuchtfläche als sein westlicherKonkurrent. «Dadurch ist er besser zu erkennen», erklärt Peglau.
Zwischenzeitlich im Ruhestand, bastelt Peglau fleißig mit an derKarriere seines Ampelmännchens. So übertrug er 1996 an Heckhausen dieNutzungsrechte für die Figur. Der Designer treibt die Vermarktungkontinuierlich voran. «Wir bauen den Ampelmann professionell auf»,sagt Heckhausen. Aus seinem Ein-Mann-Betrieb ist die Ampelmann GmbHmit 30 Beschäftigten geworden. Deren Umsatz stieg im vergangenen Jahrerneut auf 2,4 Millionen Euro. Die Produktpalette vom T-Shirt überden Schlüsselanhänger bis hin zu Badetuch und Flip Flops.
Auch eine Ampelfrau gibt es zwischenzeitlich. Eine ersteFußgängerampel mit ihr wurde 2004 im sächsischen Zwickau aufgestellt,Anfang 2005 folgten Signale in Dresden. Ampelmann-«Papa» Peglau freutsich, dass der Junge eine Partnerin bekommen hat. Als Lichtsignal imStraßenverkehr scheint sie ihm jedoch nicht geeignet. «Wir braucheneine gewisse Einheitlichkeit», sagt er. Als Souvenir- oderDesignartikel dagegen sei sie toll. Peglaus Geburtstagswunsch fürsein Ampelmännchen: «Zu seinem 50. Geburtstag sollte er in ganzDeutschland eingesetzt sein.»