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Einstufung der AfD Verfassungsschutz-Debatte: Ministerin steht in der Kritik

Die AfD in Brandenburg ist als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft - der Verfassungsschutzchef entlassen. Die Entscheidungen der Innenministerin sorgen für Streit.

Von dpa Aktualisiert: 08.05.2025, 08:30
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD, rechts) hat mit der Entlassung des Verfassungsschutzchefs politischen Streit ausgelöst und muss Kritik hinnehmen.
Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange (SPD, rechts) hat mit der Entlassung des Verfassungsschutzchefs politischen Streit ausgelöst und muss Kritik hinnehmen. Sören Stache/dpa

Potsdam - Nach der Entlassung des brandenburgischen Verfassungsschutzchefs im Zusammenhang mit der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch steht SPD-Innenministerin Katrin Lange in der Kritik. Politiker verschiedener Parteien rufen zudem zu einem verstärkten Engagement gegen Rechts auf.

Lange entließ Verfassungsschutzchef Jörg Müller am Dienstag überraschend. Zur Begründung sagte sie, der Verfassungsschutz habe die AfD in Brandenburg im April vom Verdachtsfall zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hochgestuft. Der entsprechende Vermerk sei ihr aber erst drei Wochen später vorgelegt worden.

Lange sagte, das Vertrauen zum Leiter des Verfassungsschutzes sei nicht mehr vorhanden. Anders als bisher will die Ministerin nun selbst die Entscheidungen zur Bewertung besonders wichtiger Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes treffen.

Der Vizefraktionschef der SPD im Brandenburger Landtag, Erik Stohn, sagte im RBB-Inforadio, es seien insgesamt diese Woche sehr hektische Zeiten. „Da ist es wichtig, dass man sich intern auch noch mal austauscht und ein Stück weit auch vergewissert. Und das ist, glaube ich, auch gestern ganz deutlich geworden, dass wir hinter Katrin Lange stehen“. Offensichtlich habe es eine Kommunikationspanne gegeben. Lange müsse als Innenministerin „natürlich immer auf dem Laufenden sein, was in ihrem Haus passiert“, so Stohn. 

Jusos: Erwarten handlungsfähige Sicherheitsbehörden 

Die Parteijugend der Sozialdemokraten, die Jusos, nannten die Entlassung von Müller „ein denkbar schlechtes Zeichen in Zeiten, in denen wir im Kampf gegen die Demokratiefeinde gemeinsam stehen müssen“. „Wir erwarten handlungsfähige Sicherheitsbehörden, die auf Grundlage der neuen Erkenntnisse arbeiten, um unsere Verfassung zu schützen und den gesichert rechtsextremen Demokratiefeinden entschlossen entgegenzutreten“, sagte der Juso-Landesvorsitzende Leonel Richy Andicene. 

Die Innenministerin müsse nun umso mehr sicherstellen, dass ihr Haus die gesichert rechtsextreme AfD weiterhin beobachten könne, sagte die SPD-Landtagsabgeordnete Annemarie Wolff. 

Grüne: Rauswurf eines Kämpfers gegen Rechtsextremismus 

Die Grünen, die nicht im Landtag vertreten sind, kritisierten, für sie stelle sich die Entlassung weiterhin „wie ein politisch motivierter Rauswurf eines anerkannten Fachmannes und Kämpfers gegen Rechtsextremismus“ dar. Die frühere Linke-Landtagsabgeordnete Isabelle Vandre warf Lange vor, sie geriere sich seit Monaten mit immer härteren Forderungen in der Migrationspolitik als Stichwortgeberin für den Rechtspopulismus. 

Das Aktionsbündnis Brandenburg forderte, Initiativen zu stärken, die gegen Rechtsextremismus und Rassismus aktiv sind. „Sie brauchen Verlässlichkeit, Planungssicherheit und politische Rückendeckung – besonders jetzt.“ 

Der Verfassungsschutzabteilung stufte die AfD Brandenburg am 14. April zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung hoch. „Die Abteilungsleitung tat dies in eigener Verantwortung“, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung des Innenministeriums. Der entsprechende Einstufungsvermerk dazu sei der Innenministerin erst am 5. Mai 2025 vorgelegt worden - einen Tag vor der Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission im Landtag. 

Diese Kommission, deren Beratungen geheim sind, hat die Aufgabe, die Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu kontrollieren.

Dienstanweisung für Arbeit des Verfassungsschutzes geändert

Innenministerin Lange setzte nun eine Dienstanweisung aus der Zeit des CDU-geführten Innenministeriums von 2023 außer Kraft. Diese besagte laut Ministerium, dass der Abteilungsleiter des Verfassungsschutzes selbst über die Einstufung der AfD als Verdachtsfall oder gesichert rechtsextremistisch entscheidet. „Bis auf weiteres“ gelte wieder eine Dienstanweisung von 2017, nach der bei „Beobachtungsobjekten“ von besonderer politischer Bedeutung die Innenministerin selbst die Entscheidung zur Einstufung treffe, teilte Langes Behörde mit. „Die jetzt getroffenen Maßnahmen dienen der Stärkung der Fachaufsicht.“

Durch die Beschneidung der Eigenständigkeit des Verfassungsschutzes liefere die Innenministerin die Behörde dem Vorwurf der politischen Einflussnahme aus, sagte dagegen der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Rainer Genilke. „Das spielt den Extremisten von links und rechts in die Hände und schwächt die Wehrhaftigkeit der Demokratie.“