Vater hält Tochter 24 Jahre im Keller gefangen
Wien/dpa. - Er soll seine Tochter 24 Jahre wie eine Gefangene gehalten und mit ihr sieben Kinder gezeugt haben: In Niederösterreich hat die Polizei einen 73-jährigen Mann festgenommen, dem schwerer Inzest vorgeworfen wird.
Josef F. hat nach Angaben der Ermittler vom Sonntag seine heute 42 Jahre alte Tochter seit 1984 in einem Verlies eingesperrt und regelmäßig sexuell missbraucht. Von den sieben Kindern soll eins nach der Geburt gestorben sein. Der 73-Jährige soll die Leiche verbrannt haben. Drei Kinder waren mit der Mutter eingesperrt und nicht behördlich gemeldet. Die drei anderen lebten bei Josef F. und seiner Frau.
Der aufsehenerregende Kriminalfall erinnert an das Schicksal von Natascha Kampusch. Die heute 19-jährige Wienerin war als Zehnjährige auf dem Schulweg entführt worden und 2006 nach acht Jahren aus der Gewalt ihres Peinigers entkommen.
In dem aktuellen Fall in der niederösterreichischen Stadt Amstetten sagte die 42-jährige Elisabeth F. bei der Polizei aus, sie sei bereits seit ihrem elften Lebensjahr immer wieder von ihrem Vater vergewaltigt worden. Der mutmaßliche Täter verweigert die Aussage. DNA-Analysen sollen jetzt klären, ob der Mann tatsächlich der Vater der sechs Kinder ist, sagte der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Franz Polzer, am Sonntagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Amstetten.
Wie Elisabeth nach ihrer Befreiung angab, hatte ihr Vater sie im August 1984 in den Keller gelockt, gefesselt und eingesperrt. Zu diesem Zeitpunkt war sie von Josef F. bei der Polizei als «vermisst» gemeldet worden. In den folgenden Jahren erlitt sie - wie die Polizei berichtete - ein nur schwer vorstellbares Martyrium. Sie wurde «laufend von ihrem Vater missbraucht», berichtete Polzer.
Nach Informationen des Österreichischen Rundfunks (ORF) hatte Josef F. die Anwesenheit von drei Kindern in seinem Haushalt damit erklärt, dass seine vermisste Tochter ihm von 1993 bis 2002 die Babys vor die Haustür gelegt habe. Tatsächlich habe er sie selbst aus dem Verlies geholt.
Die Polizei kam Josef F. auf die Spur, als die 20 Jahre alte Tochter von Elisabeth vor einer Woche bewusstlos im Haus ihres «Großvaters» gefunden wurde. Sie war bis dahin laut ORF zusammen mit ihren inzwischen 5 und 18 Jahre alten Brüdern und der Mutter eingesperrt gewesen.
Auf der Suche nach Elisabeth F. entdeckten die Ermittler im Haus des verdächtigen Mannes einen Brief, in dem es hieß: «Sucht mich nicht, denn es wäre zwecklos und würde mein Leid und das meiner Kinder nur erhöhen.» Der folgende Satz «Auch zu viele Kinder und Bildung sind dort nicht erwünscht», lockte die Polizei zunächst auf eine falsche Fährte. Die Behörden vermuteten, dass sich die Frau in den Händen einer Sekte befinden könnte.
Laut ORF fand die Polizei Josef und Elisabeth F. schließlich nach einem telefonischen Hinweis in der Nähe der Klinik, in der die 20- Jährige mit dem Tod ringt. An welcher Krankheit sie leidet, ist noch unklar. Um die anderen Kinder kümmert sich ein Kriseninterventionsteam.
Nach Angaben der Polizei machte Elisabeth F. einen äußerst verstörten psychischen Eindruck und war in schlechter körperlicher Verfassung, als man sie fand. Erst nach einem längeren Gespräch und der Zusicherung, dass es zu keinem Kontakt mit dem Vater mehr kommen und auch für ihre Kinder gesorgt werde, war sie zu einer umfassenden Aussage bereit.
Elisabeth F. beschuldigte ihren Vater «massiver Verbrechen». Insgesamt brachte sie danach während ihrer Gefangenschaft sieben Kinder zur Welt, von denen eines starb: 1996 habe sie Zwillinge geboren. Eines der Kinder sei wegen mangelnder Versorgung einige Tage nach der Geburt gestorben.
Während der Gefangenschaft sollen die drei Kinder, die mit der Mutter eingesperrt waren, ausschließlich von Josef F. mit Essen und Kleidung versorgt worden sein. Die Mutter von Elisabeth, Rosemarie F., behauptet, sie habe von der Gefangenschaft nichts gewusst. «Sie hat es als gegeben hingenommen», sagte Polzer. Die drei Kinder, die bei Josef F. lebten, waren laut Polizei als adoptiert bzw. als «Pflegefälle» gemeldet.