Urteil Urteil: Tötung des Fabrikantensohns Grimm war Eifersuchtsdrama

Frankfurt/Main/dpa. - Der Student habe seinenTod sogar mitverursacht, weil er einmal mit der Freundin des Tätersgeschlafen hatte, wie der Vorsitzende Richter Klaus Drescher inseiner Urteilsbegründung sagte. Für seine Tat ist der 23 Jahre alteJens A. am Mittwoch wegen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteiltworden. Die Leiche des 25 Jahre alt gewordenen Opfers wird auch nachdem Urteil auf absehbare Zeit verschwunden bleiben.
Der Richter zeichnete ein wenig schmeichelhaftes Psychogramm desAngeklagten, aber auch des Opfers. Der von frühester Kindheitüberverwöhnte Deutsch-Jordanier Jens A. habe keine «vernünftigeReifung» erlebt und sich stattdessen in Traumwelten versetzt. Seit1999 schnupfte der nach Einschätzung seiner Freunde «jüngsteAlkoholiker Deutschlands» immer größere Mengen Kokain und wollte sichauf «höchstem Hollywood-Niveau bewegen». An hessischen Gesamtschulengescheitert, träumte er von einem Harvard-Abschluss ebenso wie voneiner Hochschule für Kosmetik, die er gemeinsam mit seiner Mutter,einer Film-Maskenbildnerin, gründen wollte.
Andreas Grimm schien das genaue Gegenteil seines Freundes zu sein.Mit ihm war Grimm wohl vor allem durch die Neigung zu Drogen undoberflächlichen Feiern verbunden, wie er sie schon aus Internatzeitenkannte. Zielstrebig verfolgte der bestens ausgebildete Student derBetriebswirtschaft seine Karriere im väterlichen Textilunternehmen imfränkischen Miltenberg, das er eines Tages übernehmen sollte. ZuGleichrangigen sei er stets nett und zuvorkommend gewesen. ZuUntergebenen hingegen schon mal herablassend oder «prollig», wenn erwas getrunken hatte, schilderte der Richter Grimms Persönlichkeitunter Berufung auf mehrere Zeugen.
In nüchterner Juristensprache hakte Drescher danach die dreiMordmerkmale Habgier, Heimtücke und niederer Beweggrund aus derAnklage ab, von denen keines zu beweisen gewesen sei. Zwar habe A. am15. Oktober 2004 Bargeld und Gucci-Uhr des von ihm erschossenen Grimman sich genommen und auch versucht, dessen fast neuwertigen BMW zuverkaufen. Er habe sich dabei und bei der Leichenbeseitigungallerdings so ungeschickt angestellt, dass das Gericht eher auf eineabsolut fehlende Vorbereitung des Verbrechens schließen musste.
Auch ein niederer Beweggrund scheide aus, erklärte Drescher. «DieKammer ist überzeugt, dass das Motiv feststeht. Es handelt sich umEifersucht.» Grimm hatte vier Tage vor dem tödlichen Treffen denAvancen der deutlichen erfahreneren Lebensgefährtin seines Freundesnachgegeben. Die Eifersucht sei moralisch als nicht so niedrig zubewerten, wie es das Gesetz für ein Mordmerkmal verlange, sagteDrescher.
Bleibt die Heimtücke, an der aber ohne handfeste Beweise nur dieAnwältin der Familie, Eva Dannenfeldt, auch noch nach dem Urteilfesthielt. Sie hatte als einzige die lebenslange Haft für den Täterwegen Mordes verlangt. Sie wiederholte ihre Vermutung, dass an derLeiche Spuren eines heimtückischen Mordes wie etwa ein Kopfschuss vonhinten zu finden seien und A. nur aus diesem Grund das Versteck nichtoffenbare. Über eine Revision beim Bundesgerichtshof müsse sie nochmit ihren Mandanten beraten.
Der Gang nach Karlsruhe brächte der Familie zumindest einenZeitgewinn, um den Täter nicht mit einer aus ihrer Sicht zu niedrigenStrafe davonkommen zu lassen. Denn sobald das Frankfurter Urteilrechtskräftig wird, könnte A. kein neuer Prozess mehr gemacht werden,erläuterte die Staatsanwältin Silke Schönfleisch. Verteidiger FrankRichtberg zeigte sich zufrieden mit dem «guten Urteil».Möglicherweise meldeten sich ja Mitwisser anonym bei ihm und teiltendas Leichenversteck mit, sagte der Anwalt. Nach Lage der Dinge wirddies wohl erst mit der Rechtskraft des Urteils wahrscheinlicher.