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Untergrund-Bars in New York Untergrund-Bars in New York: Zutritt nur mit Passwort

11.02.2015, 15:21

New York - Kaum jemand würde diese Stufen hinabsteigen, diese verdreckte Treppe hinter einem hüfthohen Metalltor in Manhattans Lower East Side – sollte man meinen. Und doch klappern die Absätze hinunter in diesen düsteren Gang, hallen durch einen Hinterhof voller Müllsäcke und steigen ein paar Meter weiter eine Treppe wieder hinauf. Vor einer Tür bleiben die Besucher stehen und klopfen.

„Passwort?“

Die Tür öffnet sich. Manager Pete könnte Al Pacinos Bruder sein. Er sagt weder „Hallo“ noch fragt er, wie's einem geht. Nur ein Wort: „Password?“ An diesem Abend lautet es „We Shall Overcome“. Wer es weiß, darf hinein in die sogenannte Speakeasy-Bar namens „Back Room“ (deutsch: Hinterzimmer), hinein in ein Stück New Yorker Vergangenheit.

Während der 20er und frühen 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gab es in New York Tausende solcher Untergrundkneipen. Es waren die Jahre der Prohibition, als Alkohol in den USA verboten war und illegale Gangs ihre Imperien errichteten. Das Ergebnis ist bekannt: Wohl nie wurde in Amerika so viel Alkohol konsumiert wie zu dieser Zeit. Durstige New Yorker bekamen ihn in Speakeasy-Bars – illegal und in der Regel von erbärmlicher Qualität.

„Speakeasy“ bedeutet so viel wie leise sprechen, flüstern. Eine notwendige Bedingung, um nicht die Aufmerksamkeit nüchtern gesetzestreuer Nachbarn oder gar der Polizei zu erregen. Hinein kam nur, wer eingeweiht war und das Passwort kannte.

Schummrige Gangster-Nostalgie

Seit einer Zeit setzen New Yorker Wirte auf diese Gangster-Nostalgie und lassen die Tradition wiederaufleben. Der „Back Room“ ist ähnlich schummrig beleuchtet wie der Gang, der zu ihm führt. Es gibt Kronleuchter an der Decke, rote Tapeten mit goldfarbenen Ornamenten an der Wand. Durch den Raum schallen Live-Jazz-Klänge. Die Gäste sitzen auf plüschigen Sofas vorm Kamin oder an der hölzernen Theke.

Der Laden rühmt sich damit, dass hier vor 90 Jahren Gangster wie Meyer Lansky und Lucky Luciano Geschäfte abgeschlossen haben. Auch Al Capone soll hin und wieder durch einen der Geheimgänge hinzugestoßen sein, wie Barkeeper Chris erzählt. Er stellt drei Keramiktassen auf die Bar, füllt sie mit dem Cocktail-Klassiker Moscow Mule und sagt: „Die haben früher nur aus Tassen getrunken, damit sie im Zweifelsfall immer noch so tun konnten, als tränken sie Tee.“

Adam nimmt seine Tasse und trinkt einen Schluck. Er ist 30, Autor, lehrt an der New Yorker Columbia-Universität und sagt: „Ich bin generell ein nostalgischer Typ und wenn ich in solchen Bars bin, die mich an Sachen erinnern, die nicht mehr existieren, dann fühle ich mich wohl. Und irgendwie sexy.“

Auch Touristen schaffen es rein

Adam ist allerdings eher die Ausnahme. Genau wie die jungen Menschen mit Federn im Haar und Nadelstreifen auf dem Anzug, die sich hier treffen, um Swing zu tanzen.

Etwa zwei Drittel der Gäste sind mittlerweile gut informierte Touristen, wie Manager Pete erklärt. Er blickt aufs No-Smoking-Zeichen neben dem Eingang und lacht: „Das war damals auch nicht hier. Aber die Drinks sind jetzt zumindest nicht mehr lebensgefährlich.“ Dann klopft es wieder.

„Password?“ Drei Inder mit Akzent gestehen, dass sie es nicht kennen. Pete lässt sie trotzdem hinein, setzt sein Al-Pacino-Grinsen auf und sagt: „Nun ja, Geschäft ist Geschäft.“ (dpa)