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Ungarn Ungarn: Polizei: Busfahrer ist schuld an Unfall

09.05.2003, 05:59
Das Wrack des Reisebusses wurde von dem Zug rund 150 Meter mitgeschleift. (Foto: dpa)
Das Wrack des Reisebusses wurde von dem Zug rund 150 Meter mitgeschleift. (Foto: dpa) MTI

Hamburg/Budapest/dpa. - Einen Tag nach dem tödlichen Zusammenstoß eines voll besetzten Reisebusses mit einem Zug am Plattensee hat die ungarische Polizei dem deutschen Busfahrer die Schuld gegeben. Bei dem Unglück in Ungarn waren am Donnerstag 32 deutsche Urlauber und der 46 Jahre alte Fahrer ums Leben gekommen. Sechs Menschen wurden verletzt. Zwei von ihnen wurden am Freitag nach Deutschland zurückgebracht. Von Hamburg flog eine Gruppe von Angehörigen nach Ungarn, um am Ort des Bus-Dramas zu trauern. In Siófok ist am Sonntag ein Gottesdienst geplant, an dem auch Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe teilnehmen will.

   Ungarns Verkehrsminister Istvan Csillag sagte nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI am Freitag in Siófok, der Busfahrer sei der alleinige Schuldige am Unfall. Die Polizei habe festgestellt, dass es entgegen ursprünglichen Annahmen keinen Stau am Bahnübergang gegeben habe und die Straße frei gewesen sei. Der 46- jährige Kraftfahrer hätte sowohl das Blinklicht als auch den Zug sehen müssen, zitierte MTI die Polizei.

   Die ungarische Tageszeitung «Magyar Hirlap» gab die Darstellung eines Fahrer eines Kleinbusses wieder, der während des Unfalls auf der Gegenspur war. Er hatte eine halbe Minute vor dem Zusammenprall wegen des Rotlichts vor dem Übergang gehalten. Der entgegenkommende Touristenbus sei aber langsam weitergefahren, sagte der Mann.

Der deutsche Reisebus war bei Siófok am Plattensee an dem unbeschrankten Bahnübergang von dem Zug gerammt und zerfetzt worden. Die 36 Urlauber an Bord kamen aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen, der Busfahrer wohnte in Nordrhein-Westfalen.

   Zwei überlebende Frauen des Busunglücks von Siófok in Ungarn sind am Freitagabend in einem Ambulanzflugzeug des ADAC nach Schleswig- Holstein zurückgekehrt. Eine 46-jährige Frau wurde mit einem Krankenwagen in ihre Heimatstadt Flensburg gebracht, eine 57-Jährige mit einem Rettungshubschrauber nach Kiel.

Zahlreiche Angehörige der Opfer folgen am Freitagabend von Hamburg aus nach Budapest. Die genaue Anzahl der Angehörigen gab der für die Organisation verantwortliche Reiseveranstalter Maxim aus dem niedersächsischen Emstek nicht gekannt. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sprach von schätzungsweise bis zu 120 Menschen. Am Flughafen in Hamburg kümmerten sich etwa ein Dutzend Seelsorger des DRK um die Hinterbliebenen. Zwei DRK-Mitarbeiter flogen mit ihnen nach Ungarn. Von Budapest aus sollten die Menschen nach Siófok gebracht werden.

Mit einem Trauergottesdienst in Siófok will die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag der Opfer des Busunglücks gedenken. An dem ökumenischen Gottesdienst nimmt nach Angaben aus Berlin auch Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) teil. Auch Delegationen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden dabei sein, teilte die EKD mit. Die Nordelbische Kirche will am kommenden Dienstag der Opfer des tragischen Busunglücks gedenken. Der zentrale Trauergottesdienst findet in der Kieler St. Nikolaikirche statt.

Von den Toten stammen 21 aus Schleswig-Holstein. Das teilte das Lagezentrum der Polizei am Freitag in Kiel mit. Nach Behördenangaben kommen 11 der Todesopfer aus Niedersachsen. Unter den Toten ist nach Angaben des Bürgermeisters von Bad Rothenfelde auch ein Ehepaar, das eine fünfjährige Tochter hinterlässt. Die Identifizierung sei noch nicht abgeschlossen, da die Namen einiger Opfer nur durch zahntechnische Expertisen ermittelt werden könnten. Die Leichen sollen vermutlich nächste Woche nach Deutschland gebracht werden.

   Nach den Worten der schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis handelte es sich bei der Reisegruppe um Gewinner eines Preisausschreibens, die noch Partner mitgenommen hätten. Zwei von vier Bussen hätten an der Fahrt zum Plattensee teilgenommen, sagte Simonis in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Seit Freitagmorgen waren Kriseninterventionsteams mit Pastoren, Psychologen und Experten von Polizei und Feuerwehr zu den Angehörigen der Opfer unterwegs. Zentrales Thema sei die lange Ungewissheit für die Familien gewesen, sagte der Kieler Polizeisprecher Detlef Strempel. Ferner sind Psychologen des Auswärtigen Amts und ein Expertenteam in Ungarn, um Angehörige der Opfer sowie Mitglieder der Reisegruppe, die nicht in den Unfall verwickelt waren, zu betreuen.

   Ungarns Verkehrsminister Csillag kündigte an, dass der Bahnübergang bei Siófok in den Sommermonaten bis August mit einer Schranke gesichert werde. Der Zugverkehr auf der betroffenen Strecke wurde am Freitag wieder aufgenommen. Züge und Autos passieren den Bahnübergang nur im Schritttempo.

Ein Polizist steht vor dem Wrack des deutschen Touristenbusses, der nahe der Stadt Siofok, rund 90 Kilometer südwestlich von Budapest, mit einem Zug zusammengestoßen war. (Foto: dpa)
Ein Polizist steht vor dem Wrack des deutschen Touristenbusses, der nahe der Stadt Siofok, rund 90 Kilometer südwestlich von Budapest, mit einem Zug zusammengestoßen war. (Foto: dpa)
MTI
Grafik zum Busunglück. (Grafik: dpa)
Grafik zum Busunglück. (Grafik: dpa)
dpa