Unfall im Gotthard-Tunnel Unfall im Gotthard-Tunnel: Offenbar weniger Opfer als befürchtet

Airolo/dpa. - Nach Aussage der Polizei waren 13 Lastwagen, vier Lieferwagen undsechs Personenwagen in den Unfall in dem 16,3 Kilometer langenAlpentunnel verwickelt. Bis zum späten Freitagnachmittag wurdenkeine weiteren Leichen in der Tunnelröhre gefunden. Von den elfTodesopfern - zehn Männer und eine Frau - stammen vier ausDeutschland. Die bislang gefundenen Toten waren erstickt. Drei dervier Todesopfer aus Niedersachsen sollen bald zur Bestattungfreigegeben werden, hieß es.
Unterdessen zeichnete sich ab, dass die Bergungsarbeiten sehrschwierig und langwierig sein werden. So muss die durch diegewaltige Hitze brüchig gewordene Tunneldecke Meter um Meterabgestützt werden. Insgesamt gelten 250 Meter als akuteinsturzgefährdet.
Polizeikommandant Piazzini sagte, es sei möglich, dass essämtlichen Fahrern gelungen sei, ihre Autos und den brennendenTunnel rechtzeitig zu verlassen. Piazzini hielt es fürunwahrscheinlich, dass sich alle Vermissten unter den Trümmern derherabgestürzten Tunneldecke befänden.
Die Feuerwehr hatte in der Nacht zum Freitag die letzten Brändegelöscht. Um die Vermisstenmeldungen zu klären, wollte einSpezialistenteam der Zürcher Polizei Fotos der rund 100 noch imTunnel befindlichen Fahrzeuge oder Wracks machen. Diese sollen mitden entsprechenden Nummernschildern veröffentlicht werden. Unteranderem anhand noch vorhandener Daten wie Motor- oderFahrgestellnummern sollen die Besitzer festgestellt werden.
Der Bereich im Umkreis von 150 Metern um den Unglücksort kannerst untersucht werden, sobald die Decken stabilisiert sind. Eine50-Meter-Zone gilt als Hauptbrandherd mit zeitweise bis zu 1200 GradHitze. In dieser «roten Zone» sei es nur schwer möglich, Opfer zuidentifizieren oder überhaupt zu erfassen, was sich dort befundenhat, sagte Piazzini. Dort befänden sich zwölf Fahrzeuge. DieTemperatur im Tunnel lag am Freitag bei nur noch 30 Grad.
Als Folge des Unglücks wird der Gotthard-Tunnel voraussichtlichbis Anfang 2002 nicht befahrbar sein. Die Schweiz erwäge daher eineteilweise Sperrung des Transit-Schwerverkehrs, erklärte derVizedirektor vom Bundesamt für Straßen (ASTRA), Michel Egger, in der«Neuen Zürcher Zeitung». «Wir werden möglichst bald mit der EUentsprechende Gespräche führen», sagte Egger.
Eine Sanierung werde umgerechnet mehrere Millionen Mark kosten,schätzte Egger. Die hochalpine Pass-Straße werde bei Schnee nurerschwert befahrbar sein. San Bernardino, Simplon und GroßerSt.Bernhard könnten - obwohl wintersicher - die 85 Prozent Personen-und Schwerverkehr, die von der Gotthard-Strecke umgelagert werdenmüssten, «nie auffangen».
Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) sprach sich indes gegenein Verbot des Transports gefährlicher Güter durch Tunnel aus. EinVerbot würde dazu führen, dass die Tunnel nur noch «sehreingeschränkt» genutzt werden könnten, sagte er dem DeutschlandRadioBerlin. Man müsse vielmehr die Tunnel sicherer machen.
Die Schweizer Bundesbahnen (SBB) setzten zahlreiche zusätzlicheVerladezüge für Last- und Personenwagen ein, um den Transitverkehrvon der Straße auf die Schiene zu verlagern.

