1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Umstrittenes Pick-up-Bootcamp in Berlin: Umstrittenes Pick-up-Bootcamp in Berlin: Auf der Jagd nach den frauenverachtenden Profi-Aufreißern

Umstrittenes Pick-up-Bootcamp in Berlin Umstrittenes Pick-up-Bootcamp in Berlin: Auf der Jagd nach den frauenverachtenden Profi-Aufreißern

Von Martin Klesmann 14.11.2014, 15:03
"Ozzie" (links) nennt sich der Mann, der ein Abschlepp-Seminar in Berlin veranstalten will.
"Ozzie" (links) nennt sich der Mann, der ein Abschlepp-Seminar in Berlin veranstalten will. Screenshot Lizenz

Berlin - Wenig ist wirklich bekannt in dieser Angelegenheit. So viel ist sicher: Eine im Kern frauenfeindliche US-Organisation namens Real Social Dynamics (RSD) verweist im Internet darauf, dass sie am 14. und 15. November in Berlin ein Seminar für interessierte Männer abhalten will. Es sei ausgebucht. 2000 US-Dollar werden pro Teilnehmer verlangt.

Grob gesagt geht es bei einer solchen Veranstaltung darum zu erlernen, „wie man Frauen physisch führt und ins Bett kriegt“. So zumindest lautet der Untertitel eines Buches von „Ozzie“, der das Seminar in Berlin abhalten soll. Ein anderer Aktivist dieser Organisation, der US-Amerikaner Julien Blanc, propagiert auch Gewalttätigkeit gegenüber Frauen. Blanc, selbst ernannter „Pick-up-Artist“, hatte Videos unter dem Titel „Mädchen würgen auf der ganzen Welt“ in sozialen Medien verbreitet. In Australien hat er bereits Einreiseverbot.

Gegendemo am Fuß des Fernsehturms

Mehrere Frauenrechtsorganisationen und andere Gruppierungen versuchen seit Tagen herauszufinden, wo genau dieses Seminar in Berlin stattfinden soll. Um es zu verhindern. Am Freitagmittag um 12 Uhr hatten die Aktivisten zu einer Protestkundgebung am Neptunbrunnen in unmittelbarer Nähe des Roten Rathauses aufgerufen. Unglücklich nur, dass das Areal rund um den Brunnen komplett umzäunt war, weil dort gerade ein Weihnachtsmarkt aufgebaut wird.

Via Facebook verlegte man den Treffpunkt an den Fuß des Fernsehturms. Und nach und nach trudeln gut 40 Aktivisten ein. Meist junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren, oft schwarz gekleidet, die Mehrzahl Frauen. Sie bilden einen Kreis und debattieren die Situation.

Zuvor war das Gerücht aufgekommen, dass das Sex-Seminar womöglich im Holiday Inn am Potsdamer Platz stattfinde. Kundschafter der Aktivisten sind in der Stadt unterwegs und melden, dass das nicht stimme. Andere Hotels geraten ins Visier der Protestler. Doch auch hier Fehlanzeige.

Nebenbei verteilen die jungen Leute Flyer an Passanten, auf denen vor dem frauenverachtenden Menschenbild dieser Seminare gewarnt wird. Frauen würden dort als „Targets“, also als Zielscheibe bezeichnet, Gewalt in Kauf genommen. Inzwischen sind auch vier Polizisten erschienen und beobachten das Treiben.

Manuela Schon von der Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt warnt davor, dass solche Seminare immer auch Praxiselemente enthalten. „Diese Männer gehen dann an diesem Wochenende in Berliner Bars und Clubs und belästigen dort junge Frauen“, befürchtet sie. Im Kreis der Aktivisten heißt es nun, dass man die Club-Betreiber warnen müsse. Mehrfach fällt der Name der Großraum-Technodisco Matrix in Friedrichshain. Dort seien einige Besucher womöglich nicht so sensibilisiert, was das Thema angeht. Doch nichts Genaues weiß man nicht. Bis in den Nachmittag hinein bleibt unklar, ob und wo in Berlin tatsächlich solch ein Seminar stattfindet.