Ukraine Ukraine: Atomkatastrophe von Tschernobyl
Frankfurt/Main/dapd. - Daskatastrophale Ausmaß des Super-GAUs und seine Folgen wurden erstallmählich deutlich:
- 25. April 1986: In Block vier des Atomkraftwerks werden amFreitagabend für einen Testzyklus die Sicherungssysteme außerBetrieb gesetzt.
- 26. April: Während des Versuchs steigt die Leistung desReaktors in der Nacht innerhalb von Sekunden an, eine Notabschaltungvon Hand misslingt. Eine nukleare Kettenreaktion baut sich auf. Esentsteht Wasserstoff, der explodiert und den Reaktor zerstört. DerGraphitmantel der Brennelemente gerät in Brand.
- 27. April: In Nordfinnland wird stark erhöhte Strahlunggemessen. Sie soll «höchstwahrscheinlich aus einem Kernkraftwerk» inder Sowjetunion entwichen sein.
- 28. April: Ungewöhnlich hohe Radioaktivität löst beiMessstationen in Schweden und Dänemark Alarm aus. Der Verdachtrichtet sich wieder auf die Sowjetunion. Die amtliche sowjetischeNachrichtenagentur TASS meldet einen Unfall im AtomkraftwerkTschernobyl.
- 29. April: Die UdSSR spricht erstmals von einer «Katastrophe»und zwei Todesopfern.
- 30. April: Moskau dementiert Berichte über Tausende Tote. Luftund Wasser in der Umgebung von Kiew seien in Ordnung. DieBundesregierung erklärt, die bisherigen Messungen hätten keinennennenswerten Anstieg der Radioaktivität ergeben. Im Lauf des Tageswird allerdings auch in Deutschland, Österreich und der Schweizerhöhte Radioaktivität in der Luft gemessen.
- 1. Mai: In Süddeutschland trifft eine weitere Welle derStrahlenwolke ein. Durch heftige Regenfälle lagert sich derradioaktive Fallout ab, vor allem das kurzlebige Jod-131(Halbwertszeit acht Tage) und das langlebige Cäsium-137(Halbwertszeit 30 Jahre).
- 2. Mai: Bund und Länder ergreifen erste Sofortmaßnahmen. DieEinschätzungen der Behörden reichen von «unbedenklich» bis«Katastrophengrenze».
- 4. Mai: In der Bundesrepublik geht die Strahlung in der Luftzurück, steigt aber im Boden.
- 8. Mai: Die Bonner Strahlenschutzkommission gibt«Teilentwarnung» für Cäsiumwerte und betont, dass Spinat und Salatnicht auf Sondermülldeponien gebracht werden müssten.
- 13. Mai: Die Sowjetunion gibt bekannt, dass die glühendeReaktormasse in die Erdkruste durchzubrennen drohte, aber nochrechtzeitig gekühlt werden konnte. Das Bundesgesundheitsministeriumund die Länder streiten sich immer noch über Grenzwerte fürLebensmittel. Bauern, Einzelhandel und Lebensmittelindustrie fordernEntschädigungen.
- 16. Mai: Zu Pfingsten geben die Behörden weitgehend Entwarnungfür Spinat, Salat, Schnittlauch und Milch. Die sowjetische Pressefeiert die Feuerwehrleute der ersten Stunden nach dem Reaktorunfallals Helden.
- 20. Mai: Teile der Reaktorruine strahlen noch immer so stark,dass eine Annäherung unmöglich ist. Der Bau wird untertunnelt undmit Stickstoff gekühlt.
- 15. Juni: Ein Teil der Tschernobyl-Betriebsleitung wird wegenVersagens entlassen, der neue Direktor kündigt dieWiederinbetriebnahme der zwei unbeschädigten Blöcke an.
- 19. Juli: Das Moskauer Politbüro zieht Bilanz: Unglücksursachesei grobe Fahrlässigkeit des Bedienungspersonals gewesen. 28Menschen seien gestorben, von den 208 Verletzten noch 30 imKrankenhaus.
- 29. September: Der mit «wichtigen Änderungen» umgerüstete Blockeins des Kraftwerks Tschernobyl wird wieder eingeschaltet.
- 15. November: Der Betonsarkophag um den Unglücksreaktor istfertig.