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U-Bahn-Pfusch U-Bahn-Pfusch: Mit dem Pegel wächst die Wut

Von PETER BERGER UND ANDREAS DAMM 25.02.2010, 19:47

KÖLN/MZ. - Lediglich bei 6,30 Meter kommt es zu Einschränkungen für die Schifffahrt, die dann nur noch die Strommitte nutzen darf. Doch die Sorge um die Standfestigkeit des U-Bahn-Bauwerks am Heumarkt hat die Experten bei der Stadtverwaltung und den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) zu besonderer Vorsicht aufgerufen. Alle 30 Minuten wird der Grundwasserspiegel an einem Brunnen in der Baugrube gemessen. Gestern stieg er pro Stunde um zwei Zentimeter, lag am Abend bei rund 38 Metern. "Wir gehen für Freitag früh von 38,30 Meter aus", sagte Stadtsprecher Gregor Timmer.

Kontrollen hatten ergeben, dass in der Betonschutzwand der Baustelle teilweise mehr als 80 Prozent der vorgesehenen Eisenbügel fehlen. Ein Polier und dessen Kolonne, die im Visier der Staatsanwaltschaft stehen, sollen die Stahlstangen an einen Schrotthändler verkauft haben. Außerdem sollen Bauprotokolle gefälscht worden sein (die MZ berichtete).

Die Entscheidung, die etwa 400 Meter vom Rheinufer entfernte Baugrube am Heumarkt zu fluten, um die Stabilität zu erhöhen, muss fallen, wenn der Grundwasserstand in der Baugrube die Marke von 38,70 Meter erreicht hat. Das wird frühestens morgen Vormittag der Fall sein, kann sich aber je nach Niederschlagsmenge auch bis Sonntag oder Montag hinziehen. "Wir brauchen für die Flutung einen Vorlauf von 32 Stunden", sagt der Stadtsprecher. Die Baufirmen hätten sämtliches Gerät bereits entfernt. Dass Rheinpegel und Grundwasserpegel am Heumarkt nicht gleichmäßig steigen, liegt daran, dass das Grundwasser "erst einen Weg durch das Erdreich zurücklegen muss", erklärte Timmer.

Mächtig verärgert hat Reinhard Vogt, Leiter der Hochwasserschutzzentrale, die Aussage eines Vertreters des federführenden Bauunternehmens Bilfinger Berger bei einer Bürgerversammlung in Köln. Die Baugrube sei auch ohne Flutung sicher, man sei derzeit mit Hochdruck dabei, die Decke einzuziehen. Das werde eine zusätzliche stabilisierende Wirkung haben, erklärte Bilfinger-Berger-Geschäftsführer Jochen Keysberg den Kölner Bürgern, die mit wachsender Angst und Wut auf die Baustelle blicken. "Das ist ja richtig", sagt Reinhard Vogt. "Allerdings ist die Decke frühestens Ende kommender Woche fertig. Das Hochwasser kommt aber jetzt auf uns zu." Für Katastrophenschützer habe oberste Priorität, die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten. "Da sind solche Aussagen besonders ärgerlich."

Die Hochwasserschutzzentrale geht davon aus, dass der Rheinpegel bis Montag kontinuierlich steigen wird. Im Laufe des Samstags wird er zwischen 6,20 und 6,50 Meter liegen. Wann der Höchststand erreicht wird, sei derzeit noch nicht abzusehen. "Wir gehen angesichts der Wetterprognose davon aus, dass wir um die Flutung am Heumarkt nicht herumkommen", sagte Vogt. Nur der Zeitpunkt sei unklar.