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Todesfahrt in Magdeburg Polizei sieht Markt-Veranstalter für Zufahrtschutz zuständig

Sachsen-Anhalts Landtag will das Geschehen rund um den Magdeburg-Anschlag umfassend aufarbeiten. Wie genau plante die Polizei ihren Einsatz? Wie waren die Zuständigkeiten?

Von dpa Aktualisiert: 06.06.2025, 18:57
Der Untersuchungsausschuss hatte Vertreter der Polizei als Zeugen geladen. (Archivbild)
Der Untersuchungsausschuss hatte Vertreter der Polizei als Zeugen geladen. (Archivbild) Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Die Polizei hat im Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt auf die Zuständigkeit des Veranstalters für den Zufahrtschutz verwiesen. Die Polizei hätte die Zuwege zum Magdeburger Weihnachtsmarkt mit mobilen Sperren nur geschlossen, wenn eine konkrete Gefahr bekannt gewesen wäre, erklärte eine Polizeibeamtin des Polizeireviers Magdeburg, die das Einsatzkonzept verfasst hatte. Voraussetzung wären demnach Hinweise auf eine geplante Tat in Magdeburg oder Angriffe in anderen Städten gewesen. 

Polizei wollte Planungsarbeit des Veranstalters nicht ersetzen

Die Zuständigkeit des Veranstalters habe etwa auch für die Betonbarrieren gegolten, die rund um den Weihnachtsmarkt aufgestellt wurden, betonte der Revierleiter. Er habe auch gegenüber der Stadt und dem Veranstalter deutlich gemacht, dass die Polizei die Planungsarbeit des Veranstalters nicht ersetze, sondern beratend tätig sei. 

Der Revierleiter sagte, die abstrakte Gefahrenlage für den Weihnachtsmarkt sei mannigfaltig: Überfahrttaten, Messer, „Sachen, an die wir noch gar nicht denken“, auch alltägliche Gefahren wie Stürme, Unwetter oder Panik, „weil es irgendwo knallt“. Insbesondere über Messer sei intensiv beraten worden. 

Die Beamtin erläuterte das Einsatzkonzept der Polizei. Es habe unter anderem vorgesehen, dass an vier Zuwegen zum Weihnachtmarkt Polizeiwagen stehen und sie bei einer konkreten Gefahr vorfahren und sie zustellen. Zur Zeit des Weihnachtsmarkts hätten Bundeskriminalamt wie auch Landeskriminalamt eine abstrakte Gefahr gesehen, konkrete Hinweise auf Straftaten habe es nicht gegeben, so die Beamtin. Ein vollständiger Schutz vor Überfahrttaten wäre aus Sicht der Beamtin nur möglich, wenn das Gelände eingezäunt würde.

Augenmerk auf Waffen

Vornehmlich die Stelle, die der Todesfahrer am 20. Dezember nutzte, um auf den Weihnachtsmarkt zu kommen, hätte man nach ihrer Einschätzung nicht dauerhaft zustellen können. Es sei ein wichtiger Weg zwischen einem zentralen Einkaufszentrum und dem Weihnachtmarkt gewesen. Polizeifahrzeuge hätten teils an anderen als den vorgegebenen Stellen gestanden, weil es Klagen wegen Abgasbelästigung gegeben habe. 

Die Polizeibeamtin sagte, dass im vergangenen Jahr mehr Einsatzkräfte der Polizei am Weihnachtsmarkt gewesen seien als in den Jahren zuvor, man habe damit auch das Waffenverbot durchsetzen wollen. Das Augenmerk habe auf möglichen Delikten mit Messern gelegen. In mehreren Städten hatte es Messerattacken gegeben.

Lücken nicht bemerkt

Die Beamtin räumte auch ein, bei einer Begehung des Weihnachtsmarkts vor der Eröffnung nicht alles beachtet zu haben. Sie sagte, sie habe nicht auf die Steine zur Absperrung geachtet. Es sei ihr nicht präsent gewesen, dass es zwei große Lücken gegeben hat. „Wenn es mir präsent gewesen wäre, hätte ich gehandelt.“ 

Kurz vor Weihnachten war ein 50-Jähriger aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei wurden sechs Menschen getötet und über 300 weitere verletzt.

Einheitsführer der Polizei war nicht selbst vor Ort

Im Ausschuss wurde auch ein Einheitsführer der Polizei, der den regulären Einsatz von rund 20 Beamten am Anschlagsabend in Magdeburg koordinierte, befragt. Mehrere Abgeordnete zeigten sich irritiert, dass der Mann nicht selbst vor Ort war, sondern die Führung von einem Dienstgebäude aus der Ferne übernahm. 

SPD-Obmann Rüdiger Erben fragte den Zeugen, ob er sich nicht Gedanken gemacht habe, ob es sinnvoll sei, sich zum Einsatzort zu begeben, da zu seinen Aufgaben die Dienstaufsicht gehöre. Das Führen aus der Ferne sei nicht unüblich, antwortete der Polizeibeamte darauf. 

Ein Vorgesetzter des Mannes widersprach später. Üblich sei die Führung aus der Ferne nicht, sagte der Abteilungsleiter. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, grundsätzlich sei das Führen vor Ort aber zu bevorzugen.