Türkei Türkei: Einziger Schildkrötenfarmer kommt aus Deutschland

Foca/dpa. - Kaum größer als eine Zwei-Euro-Münzesind die Panzer der Tiere, wenn sie aus den Eiern schlüpfen. Schondie Kleinsten können die Klappe erstaunlich weit aufreißen. Sind sieetwas gewachsen, werden sie als Haustiere in die Europäische Unionexportiert.
Der aus Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) stammende Reimannbeschreibt sich selbst als Tierfreund von Kindesbeinen an. Mit fünfJahren habe er seine ersten Haustiere bekommen. Erst seien eshunderte, dann tausende geworden. «Meine Eltern haben ihr ganzes Gelddafür ausgegeben», erinnert er sich.
Vor zehn Jahren begann Reimann, im Hinterland der Stadt FocaSchildkröten zu züchten. Das warme Klima in dem Küstenstreifen zumMittelmeer ist optimal für die Tiere. Mit kniehohen Mauern sindGehege abgeteilt, in denen die Tiere nach Größe und Art getrenntleben. In brütender Hitze kriechen sie in überdachte Strohhaufen.
Im Frühjahr und Herbst ist Paarungszeit. Von wegen Kaltblüter. «InJapan und China gelten Schildkröten als Fruchtbarkeitssymbole. KeinWunder. Manche Männchen sind wirklich ganz schlimm. Sie verfolgen dieWeibchen, bis diese erschöpft sind und nicht mehr können», sagtReimann. Er hat einige zu aufdringliche Schildkrötenmännchen schonauf die schwarze Liste gesetzt und in kleinen Gehegen abgesondert.
Schildkrötenweibchen legen bis zu acht Eier. Reimann und zweiTierpfleger versuchen, möglichst alle Gelege einzusammeln und ineinen Brutraum zu bringen, in dem es etwa 30 Grad warm ist. KleineSchildkröten sind ein Leckerbissen für Vögel. In freier Wildbahnüberlebt deshalb nur eines von hundert geschlüpften Tieren. Selbstgroße Exemplare können ungeachtet ihres Panzers von Greifvögeln indie Luft gehoben und mit einem gezielten Wurf auf Felsen geknacktwerden.
Zwei Arten Landschildkröten und fünf Arten Wasserschildkröten sindin der Türkei heimisch. Die Tiere sind geschützt. Dutzende Anträgemusste Reimann stellen, um seinen Betrieb aufbauen zu können. Auchder Export der Tiere erfordert Genehmigungen. Aber dieSchildkrötenfarm hat einen Umsatz von mehr als 100 000 Euro im Jahr.Reimann lebt inzwischen mehr als die Hälfte der Zeit in der Türkeiund will seine Zucht weiter ausbauen.
Er begrüßt den in den letzten Jahrzehnten verschärften Schutz derReptilien. «Wenn die Tiere etwas kosten, werden sie auch anständigbehandelt», sagt er. Das war vor 1975 anders. Vor allem aus demdamaligen Jugoslawien kamen da noch etwa 400 000 Landschildkröten proJahr nach Deutschland. Sie wurden in der Natur eingesammelt und fastwie Kartoffeln auf Lastwagen gestapelt transportiert. Für eine LadungSchildkröten - etwa 2500 Tiere - mussten damals 10 000 Mark bezahltwerden, umgerechnet etwa zwei Euro pro Schildkröte. Dagegen kostetheute ein Jungtier im Geschäft etwa 100 Euro.