Trendsetterin Trendsetterin: Miuccia Pradas Ruf ist kaum zu überbieten

Hamburg/Mailand/dpa. - Das «Time»-Magazin aus den USA kürte sie jedenfalls imvergangenen April zu einer der «100 wichtigsten Personen der Welt».
Das Haus Prada hat vor drei Saisons die 50er Jahre in Modegebracht, sie hat die «Neue Lady» auf den Laufsteg gehoben und diezur Zeit kursierende Liebe zur Exotik mit entfacht. Doch mehr noch:Durch sie hat sich das heutige Modeverständnis grundlegend gewandelt.Ohne Prada würde man wahrscheinlich weniger mutig Schräges mitKorrektem mischen, «unpassende» Farben kombinieren oder Kunststoff sotragen, als handele es sich um Seide. «Jeder, der einmal in eines der165 Prada-Geschäfte gegangen ist, deren Wände allesamt in dengleichen Mint-Nuancen gestrichen sind, muss anerkennen, dass sie dieArt, in der viele Leute über Kleider denken, verändert hat», schriebder «New Yorker».
Dabei hat die Modemacherin nichts von einem Superstar. MiucciaPrada ist eine Zweiflerin, die manchmal den eigenen Berufsstand für«dumm» erklärt. Neben exzentrischen Kollegen wie John Galliano mutetsie geradezu dezent an. Dabei trägt sie auch mal einen limettengrünenRock zum lilafarbenen Oberteil und schwarzen Socken. Doch stets wirktdie Italienerin mit der aristokratischen Nase und den Antik-Ohrringenunter langem Haar stilvoll und formvollendet. Sie beherrscht es,Dinge zu mixen, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören.
Pradas Kindheit war vom Umgang mit edlen Materialien und schönenDingen geprägt. Sie stammt aus einer Lederwaren-Dynastie und wurdevon ihrer eleganten Mutter relativ streng erzogen. Als sie erwachsenwar, brach sie aus, studierte Politische Wissenschaften, trat in dieKommunistische Partei Italiens ein und verteilte - in Yves SaintLaurent gekleidet - Flugblätter. Nach der Promotion 1970 ging sie zumTheater. Doch dann beugte sie sich dem Willen der Familie und tratins elterliche Geschäft ein.
Die Begegnung mit ihrem späteren Ehemann und GeschäftspartnerPatrizio Bertelli 1978 auf einer Lederwarenmesse legte den Grundsteinfür den späteren Erfolg des Labels. Bertelli gilt als Macho undMacher. Er überzeugte die sensible Miuccia davon, Mode zu kreierenund entwickelte die feine Lederwarenmarke zum globalen Lifestyle-Label. Legendär wurden der Prada-Rucksack aus schwarzem Nylon, ein«Must-Have» der frühen 90er Jahre, und Pradas «Tapetenkleider» 1995 -Entwürfe, die an alte Duschvorhänge und Wandbekleidung erinnerten undtrotzdem superschick wirkten.
Heute gleicht das Mailänder Unternehmen einem Imperium, und derName der Marke ist, ob in Buchtiteln oder Ausdrücken wie«Pradaismus», viel variiert. Sogar in der Kunstszene hat «Prada»einen Klang. Miuccia gilt als eine der bedeutendstenKunstsammlerinnen der Welt. Allerdings: Der Versuch Bertellis, ausPrada einen großen Luxuskonzern durch den Zukauf anderer Modehäuserzu machen, wurde bislang nicht von Erfolg gekrönt. Marken wie JilSander oder Helmut Lang ziehen die Bilanz nach unten, während Pradaselbst sehr gut verkauft. Miuccia Pradas Image schadet diesallerdings wenig. Sie bleibt - wie eine Zeitschrift sie nannte - «TheDesigner», die moderne Designerin schlechthin.