Tiger zerfleischen Dompteur bei Dinner-Show
Hamburg/dpa. - Der unterhaltsame Nervenkitzel beim Abendessen verwandelt sich innerhalb weniger Sekunden in eine blutige Raubtier- Attacke: Drei Bengalische Tiger stürzen sich auf ihren gestrauchelten Dompteur, zerbeißen Oberkörper, Kopf und Hand des 28-Jährigen.
Hinter der sicheren Absperrung in der Alten Hagenbeck'schen Dressurhalle in Hamburg müssen am Dienstagabend fast 200 schockierte Gäste das Unglück mitansehen. Mitarbeiter der Zirkus-Show versuchen, mit Wasserstrahl und Feuerlöschern die jungen Raubtiere von ihrem Opfer zu trennen. Zwei Ärzte aus dem Publikum leisten Erste Hilfe und verhindern, dass der junge Tierlehrer verblutet.
Der Direktor der Show, Stefan Pagels, sprach in einer ersten Mitteilung von einem tragischen Unfall. «Der Vorfall ist kein böswilliger Angriff gewesen. Ein Unfall ist bei besonderen Spitzenleistungen - mit Tieren, am Trapez oder auf dem Hochseil - eben leider immer möglich.» Die Tiger seien ihrem Instinkt gefolgt und hätten mit dem 28-Jährigen «spielen» wollen, nachdem er in der Manege gestürzt war.
Ob der junge Mann die Attacke überlebt, war 18 Stunden später noch nicht klar. «Nach Auskunft der Ärzte des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf ist die gesundheitliche Situation unseres Tierlehrers noch immer kritisch», hieß es in einer Mitteilung auf der Internetseite des Veranstalters. Das Ärzteteam bemühe sich um eine Stabilisierung. «Inzwischen konnten die Angehörigen den Patienten sehen, der zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht ansprechbar war.»
Pagels beschrieb den 28-Jährigen als einen jungen, aufstrebenden Mann, den die Direktion gerade wegen seines ruhigen und besonnenen Umgangs mit den wertvollen Tieren ausgewählt habe. Die Polizei und das Amt für Arbeitsschutz nahmen Ermittlungen auf.
Bereits kurz nach dem Unfall entschied sich das Ensemble, die weiteren Vorstellungen nicht abzusagen. Das uralte Zirkusmotto «The Show Must Go On» («Die Show muss weitergehen») müsse gelten. Bei den weiteren Aufführungen kämen die Tiger jedoch nicht zum Einsatz. Zu dem Spektakel mit Vier-Gänge-Menü gehören auch Vorführungen am Trapez und an Ringen sowie eine Jongleurs- und Clownsnummer. «Wir bedanken uns, auch im Namen der Angehörigen, für die ungezählten guten Wünsche und die liebevolle Anteilnahme», hieß es in der Mitteilung der Veranstalter.
Das Team kümmere sich auch intensiv um die Tiger. «Für das weitere Wohlergehen tragen wir gemeinsam mit dem Fachverband der Tierlehrer Deutschlands Sorge», hieß es. Das Ensemble hoffe, dass der Verunglückte seine Arbeit mit den Tieren, an der sein Herz hänge, bald wieder aufnehmen könne.
Der Tierpark Hagenbeck bedauerte in einer Stellungnahme den Unfall, betonte aber, dass es sich bei der Show nicht um eine Veranstaltung des Zoos handelte. Die Organisatoren der Dinner-Show hätten die Dressurhalle seit 1999 vom Tierpark gepachtet und in Eigenregie als Event-Location betrieben. «Es waren weder Tiere noch Mitarbeiter von Hagenbeck in die Show eingebunden», sagte eine Sprecherin.
Tierschützer wiederholten ihre Forderung, auf Vorführungen mit Wildtieren im Zirkus zu verzichten. Unfälle mit Tigern und Löwen passierten dort immer wieder, erklärte die Tierschutzorganisation «Vier Pfoten». «Ein solcher Angriff war absehbar», meinte auch die «Aktion Tier». Ein generelles Verbot von Wildtieren im Zirkus sei überfällig.
Die Hamburger Tiger-Attacke weckt Erinnerungen an einen ähnlichen Unfall des Magiers Roy Horn («Siegfried & Roy»). Ein weißer Tiger hatte den Künstler vor sechs Jahren während einer Show in Las Vegas lebensgefährlich verletzt.