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Tiere Tiere: Trauriges Ende einer langen Jagd

22.01.2003, 12:58
Wölfin «Bärbel» ist tot. (Foto: dpa)
Wölfin «Bärbel» ist tot. (Foto: dpa) dpa

Klingenthal/Alfeld/dpa. - Wölfin «Bärbel» ist tot. Das im Juli vergangenen Jahres aus dem Tierpark Klingenthal ausgebüxte Tier ist bereits am Montag von einem Jäger bei Alfeld (Landkreis Hildesheim/Niedersachsen) erschossen worden.

Das niedersächsische Landesamt für Ökologie bestätigte am Mittwoch, dass die Wölfin anhand eines implantierten Mikrochips identifiziert wurde. Das sechs Jahre alte Tier war in Niedersachsen als «Puck» bekannt geworden, deshalb war zunächst nicht klar, dass es sich um «Bärbel» aus Sachsen handelte.

   Im Vogtland herrschte nach Bekanntwerden dieser Nachricht eine geteilte Stimmung: Zum einen waren die Behörden froh, dass das Kapitel «Bärbel» endlich zu Ende ist. Andererseits zeigte sich Tassilo Lenk (CDU), Landrat des Vogtlandkreises, über das tragische Ende erschüttert.

   «Von einem Jäger einfach erschossen zu werden, hat das Tier nicht verdient», sagte der Tierarzt. Ein professioneller Weidmann habe ein gewisse Sorgfaltspflicht und könne nicht einfach abdrücken, wenn er in seinem Revier einem Wolf begegnet. Frei lebende Wölfe sind in Deutschland nach dem internationalen Artenschutzabkommen für Jäger tabu.

   Aus diesem Grund ermittelt die Staatsanwaltschaft Hildesheim. Es bestehe der Verdacht des Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz, sagte ein Behördensprecher. In der Vorschrift wird das Töten von geschützten Tieren mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht. «Wir haben im Vogtland die Wölfin zwar auch gejagt, aber nie mit der Absicht, sie zu töten», betonte Lenk.

   Über Monate hinweg misslangen die Versuche allerdings gründlich: «Bärbel» ließ die für einen Wolf leckeren Köder aus Fleisch und Käse links liegen und Schützen mit Betäubungsgewehren im Regen stehen. Die clevere Wolfsdame versorgte sich selbst, einige Schafe beiderseits der böhmisch-sächsischen Grenze überlebten nicht.

   Die Menschen im Vogtlander entwickelten immer mehr Sympathie für «Bärbel». So sehr sich die Behörden auch mühten, dass Tier einzufangen - die Wolfsdame war immer ein wenig schlauer und schneller. In den ersten Wochen nach ihrem Ausbruch trudelten fast täglich Sichtungsmeldungen ein. Spätestens als zwei Leute zur selben Zeit an völlig unterschiedlichen Orten einen Wolf gesehen haben wollten, wurde klar, im Vogtland und angrenzenden Regionen herrscht ein Art «Wolfshysterie».

   Im Herbst meldeten sich immer mehr Skeptiker, die «Bärbel» längst abgeschrieben hatten. Wolfsexperten bestätigten, dass ein Wolf durchaus weitere Strecken zurücklegt und ein riesiges Revier für sich beansprucht. Eigentlich war es kein Wunder, dass «Bärbel» bald in Tschechien, bald in Bayern und in Thüringen gesehen worden sein soll.

   Die vogtländischen Behörden indes hofften auf einen Winter mit viel Schnee, in dem «Bärbel» verwertbare Spuren hinterlassen könnte. Die Wolfsdame aber blieb wie vom Erdenboden verschluckt. Vor einer Woche gab dann die Sprecherin des Landrates, Kerstin Büttner, erstmals zu: «Wir wissen nicht einmal, ob "Bärbel" noch lebt.»

   Die sechs Jahe alte Wolfsdame «Bärbel» war am 12. Juli 2002 aus einem Tiergehege im Bayerischen Wald ins vogtländische Klingenthal gebracht worden. Dort sollte sie dem einsamen Wolfsrüden «Strupp» Gesellschaft leisten. Allerdings büxte «Bärbel» nur wenige Stunden nach ihrer Ankunft aus dem Gehege aus.