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Techno-Party in Berlin Techno-Party in Berlin: Überlebt die Love Parade?

Von Markus Decker 09.07.2003, 14:24
Die Zukunft der Berliner Love Parade istungewiss. (Foto: dpa)
Die Zukunft der Berliner Love Parade istungewiss. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Berlin/MZ. - Die Organisatoren der Love Parade standen bereits am Dienstag sprichwörtlich im Regen. Als ihr Chef Ralf Regitz die Journaille in den Berliner Tiergarten führte, goss es wie aus Eimern. Auch der Anlass war nicht heiter.

Regitz hatte die zweifelhafte Aufgabe, jenen Schutzzaun zu präsentieren, der gerade um einen Teil des Tiergartens gezogen wurde. Kostenpunkt des Projekts: 120000 Euro. Der Zaun soll verhindern, dass offiziell nicht zugelassene Gewerbe-Treibende die Love Parade aufsuchen. Der Eindruck, den das Bauwerk erzeugt, ist alles andere als sexy.

Nun beharrt der hagere Herr Regitz - gleichsam Dr. Mottes rechte Hand - darauf, dass die 15. Love Parade ein Erfolg wird. Was am Samstag geschehe, sei noch immer ein "Spiegel jugendlicher Musikkultur". Tatsächlich ist in der Szene große Krise angesagt.

Die Veranstalter antworten auf die Frage, mit wie vielen Besuchern sie rechnen, so: "Mit mehreren Hunderttausend". Das hört sich nach viel an. Freilich mag niemand ausschließen, dass die Zahl von anfangs über einer Million diesmal auf weit unter 500000 absackt. Das wäre der Anfang vom Ende. Hoteliers melden schon jetzt weniger Zimmerreservierungen. Und die Bahn will 35 Sonderzüge einsetzen, um die Techno-Fans in die Hauptstadt zu bringen. 2002 waren es 15 Züge mehr.

Zudem wird die Parade kürzer. Bestand sie früher aus 50 Wagen, werden es übermorgen nur noch 30 sein. Das hat Gründe. Die normalen Plattenlabel sind unter anderem wegen des Internets in der Finanzkrise. So ein Wagen aber kostet mindestens 25000 Euro. Das kann sich nicht mehr jede Firma leisten. Sponsoren springen reihenweise ab. Der Kölner Billig-Flieger "Germanwings" ist einer der wenigen, der sich neu ins Abenteuer stürzt. "Hier können wir genau unsere Zielgruppe ansprechen", sagt Unternehmenssprecher Heinz Joachim Schöttes - "junge Menschen, die gern abhotten."

Dies wiederum ändert nichts daran, dass die Love Parade auch ihren kulturellen Höhepunkt wohl überschritten hat. Die Szene, in der es vor Anglizismen bloß so wimmelt, ist selbst nicht mehr richtig up to date. Statt freier Liebe im Tiergarten sind laut "Spiegel" republikweit neue Werte populär: "Ordnung, Höflichkeit, Disziplin und Familie".