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Archäologie Taschen mit aufgenähten Hundezähnen bei Grabungen gefunden

Über Jahrtausende hinweg wurden im Bereich der künftigen Stromtrasse Südostlink Gräber angelegt. Jetzt sind die Archäologen auf erstaunliche Funde gestoßen.

Von dpa 09.07.2025, 14:40
Bei Grabungen für die neue Stromtrasse gibt es immer wieder überraschende Funde.
Bei Grabungen für die neue Stromtrasse gibt es immer wieder überraschende Funde. Bodo Schackow/dpa

Krauschwitz - Die Überreste von jahrtausendealten alten Grabhügeln und Totenhütten sind von Archäologen bei Krauschwitz im Burgenlandkreis entdeckt worden. Die Ausgrabungen erfolgten im Vorfeld des Baus der künftigen Stromtrasse Südostlink. Die Anlagen stammen aus verschiedenen Kulturen. Gefunden wurden unter anderem Skelettteile, Keramiken und verschiedene Grabbeigaben.

In drei rund 5.000 Jahre alten Gräbern lagen etwa Taschen als Beigaben. „Das organische Material ist längst vergangen, die durchbohrten Tierzähne, die aufgenäht waren, haben sich jedoch erhalten“, sagte die Archäologin und Abteilungsleiterin im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Susanne Friederich. „Die oberen und unteren Eckzähne sowie Schneidezähne von Hunden waren dachziegelartig gestaffelt auf die Frontfläche der Taschen aufgestickt.“ Der Taschen waren demnach etwa 30 Zentimeter lang und 20 Zentimeter hoch. Bei voll bestickten Taschen wurden fast 350 Zähne benötigt. Tragebänder waren teils mit Wolfszähnen verziert.

Steinzeitliche Babytragen

Die Taschen scheinen zu Lebzeiten vor dem Körper getragen worden zu sein. Sie könnten eine Art Babytrage darstellen. Darauf lassen vereinzelt darin erhaltene Säuglingsknochen schließen. Auch jungen Frauen, die während der Schwangerschaft starben, wurde demnach eine Tasche mit ins Grab gelegt.

Experten gehen davon aus, dass es sich bei den Taschen um persönliche, nicht vererbbare Habe handelte. „Diese reich verzierten Taschen waren der elitären Gesellschaftsschicht vorbehalten. Bei 20 Prozent der Frauenbestattungen wurde eine solche Babytrage gefunden“, sagte Friederich.

So wurde im knapp zwei Kilometer entfernten Nessa das Grab einer Frau innerhalb des Baufelds der Gleichstromtrasse geborgen. Zur Grabausstattung gehörte ebenfalls eine solche Tasche, die sterbliche Überreste eines Fötus oder Neugeborenen enthielt.

Einstige mehrere Meter hohe Grabhügel

Zudem wurden fünf etwa 6.000 Jahre alte Grabhügel freigelegt. „Die Toten sind einzeln in Grabgruben beigesetzt worden“, sagte Grabungsleiterin Anke Herrmann. Es gab trapezförmige Hütten aus Holz über der Grabgrube. Einige dieser „Totenhäuser“, die gelegentlich auch mehrere Gräber umschlossen, wurden mit Erdmaterial überdeckt und hoben sich deutlich in der Landschaft ab. 

Die ehemals mehrere Meter hohen, künstlich aufgeschütteten Hügel sind heute nicht mehr vorhanden. Erhalten blieben die Fundamentgräben. „Die Menschen dieser Kultur haben mit den Grabmonumenten nicht nur ihre Ahnen verehrt, sondern auch ihre Macht zum Ausdruck gebracht“, so die Archäologin.

Auch Tausend Jahre später für Bestattungen genutzt

Tausend Jahre später entstand entlang der Grabhügel ein neues Bestattungsfeld der sogenannten schnurkeramischen Kultur. Bislang wurden 15 Grabstellen im Bereich der neuen Stromtrasse entdeckt. Neben den aus Keramik gefertigten Gefäßen, oft Becher und Amphoren, die beiden Geschlechtern mit ins Grab gegeben wurden, gilt vor allem die Steinaxt als männliche Insigne. Schmuck und Tracht waren Frauen vorbehalten. 

Der rund 170 Kilometer lange Teilabschnitt der künftigen Stromtrasse Südostlink durch Sachsen-Anhalt soll noch bis Ende 2025 archäologisch untersucht werden. Die gesamte Trasse ist rund 540 Kilometer lang und reicht von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zum Standort Isar bei Landshut in Bayern.