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Sydney Sydney: Australiens größter Friedhof kämpft ums Überleben

Von Sid Astbury 17.04.2013, 10:27
Mit ihren vielen prächtigen Grabmälern zählt die 286 Hektar große Rookwood Necropolis zu den Sehenswürdigkeiten Sydneys.
Mit ihren vielen prächtigen Grabmälern zählt die 286 Hektar große Rookwood Necropolis zu den Sehenswürdigkeiten Sydneys. dpa Lizenz

Sydney/dpa - Australiens größtem Friedhof droht ein schleichender Tod. Mit ihren vielen prächtigen Grabmälern zählt die 286 Hektar große Rookwood Necropolis zu den Sehenswürdigkeiten Sydneys. Doch Friedhofsdirektor David Harley sorgt sich um die Zukunft der Totenstadt. Spätestens 2060 dürfte sie voll sein. Da die Grabstellen - anders als in Deutschland - auf ewig vergeben wurden, könnte dann dort niemand mehr beerdigt werden. Dann droht der Nekropole der Verfall und im schlimmsten Fall die Umwidmung zu Bauland.

Harley hat einen Geschäftsplan erarbeitet für die Zeit, wenn billigere Einäscherungen kostspielige Beerdigungen ersetzen und die Einnahmen sinken werden. „Wir werden zum Beispiel Trainingskurse für die Branche entwickeln und unser Know-how anderen Friedhöfen anbieten“, sagt der Friedhofsdirektor.

Rookwood zu betreiben, ist eine gewaltige Aufgabe. Mehr als eine Million Verstorbene ruhen hier. Über eine Million Besucher pro Jahr halten Kapellen, Cafés, Blumenläden am Leben. Es gibt sogar einen Geschenke-Laden, der Souvenirs verkauft wie Geschirrtücher, Teelöffel oder Honig aus eigenen Bienenstöcken.

Rookwoods Gründer hatten im 19. Jahrhundert den Sinn fürs Große, genau wie die Ingenieure, die im 20. Jahrhundert Sydneys riesige Hafenbrücke errichteten. Sydney nahm sich London als Beispiel und eröffnete einen gigantischen Friedhof 17 Kilometer vom damaligen Stadtzentrum entfernt. Die Rookwood Necropolis in Sydney ist größer als die Brookwood Necropolis in London. Sie ist zwar kleiner als der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, dafür aber zehn Jahre älter als dieser.

Von Sydneys Hauptbahnhof fuhren damals zweimal täglich Züge hinaus zur Totenstadt. „Die Leute pflegten dort einen Tag zu verbringen“, sagt Julie Rusten, Sekretärin der Freiwilligengruppe „Freunde Rookwoods“. „Es gab dort Rasthäuser für Trauernde und Besucher. Es gab auch Picknick-Plätze.“

Die gibt es immer noch. Aber die Einnahmen halten mit den Kosten nicht Schritt, und einer von Sydneys historischen Schätzen verliert allmählich seinen Glanz. Jetzt ist ein Rennen im Gange, Rookwoods Attraktionen aufzupolieren, bevor der Friedhof voll belegt ist. So ist ein Filmfestival in der Totenstadt geplant. Es gibt auch Touren und eine Skulpturenausstellung.

Die Grabsteine, Familiengräber und Krypten bilden eine wunderbare Kulisse. „Die Leute im Viktorianischen Zeitalter waren groß im Trauern“, sagt Rusten, „je näher am Bahnsteig, desto teurer der Platz und desto größer der Grabstein. Dein gesellschaftlicher Status im Leben musste sich im Tod widerspiegeln.“

Die Größe des Iren Timothy Maher, der 1905 starb, drückt sich in einem 23 Tonnen schweren Grabstein aus - gerade einen Steinwurf vom Bahnsteig entfernt. Er wurde aus Carrara-Marmor in Italien gemeißelt und per Segelschiff über London nach Australien gebracht.

Ein Viertel aller Beerdigungen Sydneys finden in Rookwood statt. Lange wird das nicht mehr gehen. Direktor Harley hat Pläne, die Lebensdauer des Friedhofs zu verlängern, aber die könnten Unruhe stiften. Den Besitz einer Grabstelle zum Beispiel auf 25 Jahre zu beschränken, könnte die Einnahmen erhöhen. Der Masterplan spricht von „einem Gesamtgrab-Ertrag, ausgedrückt in Beerdigungen pro Hektar.“ Aber leicht wird das nicht. „In der Anfangsphase gibt es bei der Friedhofserneuerung praktische und emotionale Probleme, die sehr vorsichtig angegangen werden müssen“, sagt Harley.

Australiens größtem Friedhof droht ein schleichender Tod.
Australiens größtem Friedhof droht ein schleichender Tod.
dpa Lizenz