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Studie Studie: Deutschlands Kinder sind gesund, fit und fidel

Von Andrea Barthélémy 25.09.2006, 14:58

Berlin/dpa. - Deutschlands Kinder sind zum großen Teil gesund,fit und fidel. Das bescheinigt ihnen die große, europaweiteinzigartige Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit KiGGS, für diedas Robert Koch-Institut (RKI) im Auftrag desBundesgesundheitsministeriums drei Jahre lang mehr als 17 000 Kinderund Jugendliche zwischen 0 und 17 Jahren untersucht hat. Außer demerfreulichen Gesamtergebnis zeigt sich jedoch vor allem eines: Diegeballten Risiken für Übergewicht, Essstörungen, mangelndeGelenkigkeit oder psychische Probleme trägt vor allem der Nachwuchs aus ärmeren Elternhäusern. «Diese Schicht hat alle Nachteile aufeinmal», bilanzierte Studienleitern Bärbel-Maria Kurth vom RKI amMontag in Berlin.

«Diese Ergebnisse lassen uns nicht kalt. Sie zeigen uns, wo wirnoch mehr tun müssen als bislang», sagte GesundheitsstaatssekretärinMarion Caspers-Merk. «Denn Prävention macht vor allem da Sinn, wosich erste Tendenzen zeigen und nicht da, wo das Kind bereits in denBrunnen gefallen ist.» Und hierzu liefert KiGGS eine noch nie dagewesenen Fülle von Datenmaterial, das im Laufe der kommenden MonateSchritt für Schritt ausgewertet wird und für Präventionsprogrammegenutzt werden soll.

Erste Ergebnisse konnten die Experten schon nennen: So sind 15Prozent der Kinder in Deutschland zwischen 3 und 17 Jahrenübergewichtig und mehr als 6 Prozent sogar fettleibig. Unterschiedezwischen alten und neuen Bundesländern, Stadt und Land gibt es hierebenso wenig wie bei den Essstörungen, den psychischen Problemen oderbei der Sportlichkeit der Kinder. Allerdings zeigt sich in allenFällen: Migrantenkinder und der Nachwuchs aus sozial niedrigerenSchichten sind häufiger betroffen.

So legten insgesamt rund 22 Prozent der 11- bis 17-Jährigen einauffälliges Essverhalten an den Tag, das möglicherweise in Magersuchtoder Ess-Brechsucht endet. In den sozial schwächeren Schichten liegtdieser Anteil mit mehr als 27 Prozent jedoch fast doppelt so hoch wiein der Oberschicht mit 15,5 Prozent. Diese Jugendlichen - vor allemMädchen - weisen auch höhere Quoten bei psychischen Auffälligkeitenund Depressionen auf. Sie sind weniger zufrieden mit ihremKörperselbstbild, rauchen häufiger und berichten öfter über dieErfahrung sexueller Belästigung. Auch bei den besonders dickenKindern ist die Lebensqualität stark beeinträchtigt.

Nur in einer Hinsicht verläuft der soziale Spagat quasi umgekehrt:Bei den Allergien sind häufiger Ober- und Mittelschichtkinder (18,9und 17,8 Prozent) als Unterschichtkinder betroffen (13,6 Prozent).Auch Migrantenkinder sind diesbezüglich robuster (13 Prozent). «Dasist ein weiterer Hinweis für die so genannte 'Hygienefalle'», sagteKurth. Kinder in größeren Familien oder mit frühzeitigen Krippe-Erfahrungen trainierten ihr Immunsystem vermutlich effektiver alsdiejenigen die behütet «wie im Gewächshaus» aufwüchsen.

«Es zeigt sich jedoch bereits jetzt, dass es sich lohnt, genauerhinzuschauen», sagte Caspers-Merk. So gaben tatsächlich 77 Prozentder Kinder zwischen drei und zehn Jahren an, täglich im Freien zuspielen. «Hier ist die öffentliche Wahrnehmung oft anders.»Andererseits zeigte sich in einem speziellen Beweglichkeitstest, dassmehr als ein Drittel des Nachwuchses nicht in der Lage ist, auf einemdrei Zentimeter breiten Balken mindestes zwei Schritte rückwärts zugehen. Und eine Rumpfbeuge hinab bis zu den Fußsohlen schaffte kaummehr als die Hälfte (57 Prozent).

Dennoch schauen die Epidemiologen nicht grundsätzlichpessimistisch in die Zukunft. «Denn 95 Prozent der befragten Kindergeben an, es gehe ihnen gut oder sogar sehr gut», berichtete Kurth.Von diesem Kinderoptimismus auf eine glückliche Zukunft gelte es sichnun auch bei der künftigen Präventionsarbeit anstecken zu lassen.

Ergebnisse der KiGGs-Gesundheitsstudie (Grafik: dpa)
Ergebnisse der KiGGs-Gesundheitsstudie (Grafik: dpa)
dpa