1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Straußenzucht in Sachsen: Straußenzucht in Sachsen: Sauerbraten vom Langstreckenläufer

Straußenzucht in Sachsen Straußenzucht in Sachsen: Sauerbraten vom Langstreckenläufer

Von Harald Lachmann 09.04.2001, 15:21

Chemnitz/MZ. - "Heute weiß ich, ich habe vier Jahr zu spät begonnen", grämt sich Gerd Zeißig. "Denn dann hätte ich jetzt schon eine eigene Nachzucht", da Strauße erst mit drei Jahren geschlechtsreif werden. Doch es war halt kein wirtschaftliches Interesse gewesen, sondern reine Liebhaberei, die den 39-jährigen Erzgebirgler bewog, sich 1996 zunächst drei südamerikanische Nandus zu halten.

"Schon als Kind habe ich mich für Vogelzucht begeistert, Tauben und Hühner", erinnert sich Zeißig an den wenig spektakulären Beginn. Zu den Nandus gesellten sich australische Emus, und erst seit rund einem Jahr leben auf dem geräumigen Gelände am Rande des Dörfchens Kirchbach auch afrikanische Strauße. "Ich erwarb von anderen Haltern in Deutschland ein Zuchttrio - zwei Hennen und einen Hahn." Mittlerweile ist die Gruppe auf zehn Tiere angewachsen. Doch das ist noch nichts im Vergleich zu großen Farmen, etwa in Franken oder Niedersachsen, in denen 200 bis 300 Strauße gehalten werden. Ob er je in diese Dimensionen wachsen will, weiß Zeißig noch nicht. Immerhin würde er drei wichtige Voraussetzungen dafür erfüllen: ausreichend Land, ein eigenes Schlachthaus sowie als gelernter Zootechniker auch eine solide fachliche Basis.

Erst nach Anfragen von Gastwirten, die er gelegentlich mit Bier und Cola aus dem Getränkeservice seiner Frau beliefert, hatte es bei dem privaten Landwirt klick gemacht. "Da begriff ich, dass es bereits einen guten Markt für alternative Fleisch- und Wurstprodukte gibt", erzählt er. Heute verkauft Zeißig in seinem Hofladen allerlei vom Strauß: Wiener und Gulasch, Steak und Jagdwurst, Geschnetzeltes und selbst Sauerbraten - alles in allem vier Zentner pro Woche. Noch stammen die Produkte nicht aus eigener Zucht und Verarbeitung. Zeißig führt sie aus Australien ein. Aber die Nachfrage - nicht zuletzt durch BSE geschürt - sei bereits so gut, dass er problemlos pro Woche vier der Riesenvögel schlachten könnte.

Das Schlachthaus baute er sich schon vor Jahren, da er auch Schweine, Hühner und Ziegen hält. Nun aber sollen die Lauf-Riesen wichtigstes Standbein werden - für Gastronomie und Direktvermarktung. Straußenfleisch sei wohl das magerste rote Fleisch, das es gibt, meint der Züchter. "Es ist außerordentlich zart und schmeckt wie bestes Rinderfilet. Doch hat es alle Vorzüge von Geflügel: wenig Fett, viel Eiweiß, wenig Cholesterin", zählt er auf. Nicht allein des Fleisches wegen baut er nun die erste Straußenzucht in Sachsen aus.

Zeißig berichtet, dass die flugunfähigen Vögel schon 150Jahre in Farmen als Nutztiere gehalten werden, ursprünglich vor allem, um Federn für die Hüte feiner Damen zu gewinnen. Nach dem Ersten Weltkrieg machte sie dann neben dem Fleisch ihr weiches Leder wirtschaftlich interessant. So wächst auch in Deutschland die Zahl der Farmen. Einige tausend Strauße werden bundesweit gehalten. Als lukratives Nischenprodukt erweisen sich Straußeneier. Sie können die Größe eines Kinderkopfes erreichen und drei bis vier Pfund wiegen. Aus der Eimasse von 1,2 bis 1,3 Litern - das entspricht etwa 30 Hühnereiern - lässt sich schon eine ordentliche Familienportion Rührei bereiten.